Bevor ich unsere Toskana-Erlebnisse erzähle frage ich in die Runde: sind die Berichte zu lang? Mir wurde empfohlen, jeden Tag in eine neue Mail zu packen. Meine Idee ist, dass man den Bericht in mehreren Etappen lesen kann. Was meint ihr? Gebt gerne ein Statement in den Kommentaren ab oder auch persönlich an mich. – Danke!!
Der Plan war, in einem freien Zeitfenster von 4 Wochen die Toskana zu bereisen. Leider raubte uns eine hartnäckige Erkältung eine halbe Woche und wir konnten erst ein paar Tage später als geplant starten. Manchmal muss man halt vernünftig sein.
Das Wetter war zu Hause nass und viel zu kalt für Mitte April (10 Grad) und die Vorstellung auf angenehme Temperaturen in der Toskana fiel mir schwer. Diese Vorstellung sollte man beim Packen des Wohnmobils aber schon haben…
Sehr wichtig war mir, dass wir noch in Deutschland eine neue, zweite Gasflasche kauften, damit wir genügend Gas zum Heizen hatten. Kurze Hosen und T-Shirts packte ich natürlich auch ein, aber – so weit will ich schon einen Vorausblick geben: viel zu wenige. Pullis und Jacken blieben ab Tag 2 in den unteren Regionen der Kleiderbox und die zweite Gasflasche hätten wir auch nicht gebraucht *lach.
Den ersten Stopp machten wir noch in Deutschland in Efringen-Kirchen auf dem Stellplatz Gutenau. Man kann dort ruhig stehen, hat Ver- und Entsorgungsmöglichkeit und wird von einer WebCam bewacht. Was will man mehr? Für den zweiten Tag war die Fahrt durch die Schweiz gen Italien geplant. Den Rat lieber Menschen gebe ich an dieser Stelle gerne weiter: in der Schweiz (und auch schon davor), sollte man im Handy das Roaming ausschalten. Die Schweiz gehört nicht zur EU und somit können Telefongebühren anfallen. Die schweizer Netze sind ziemlich stark und schon einige Kilometer vor und nach der Grenze sind die Handys mit Netzen der Eidgenossen verbunden. Da wir mit Google-Maps navigieren, machte es in der Vorbereitung Sinn, die geplante Route herunterzuladen.
Die Fahrt war entspannt und wir bewunderten die imposante Landschaft. Interessant fanden wir unter anderem, dass an ganz normalen Parkplätzen an der Autobahn Ladestationen für E-Autos eingerichtet waren.
Kurz vor dem Gotthardt-Tunnel machten wir eine ausgiebige Pause und stellten uns dann in den – nicht angekündigten – Stau. Im Radio vernahmen wir später: 1,5 Stunden Stau vor dem Gotthardt-Tunnel. Gut dass wir unserer Intuition und dem Blasendruck nachgegeben hatten – so war der Stau zwar lästig, aber nicht wirklich schlimm. Die fast 17 km Fahrt durch den Tunnel lehrten mich: ich kann 15 Minuten die Luft anhalten *lach. Es geht einspurig mit Gegenverkehr durch den Tunnel. Wir waren froh, endlich wieder Tageslicht zu sehen. Es wird an einer zweiten Röhre durch die Berge gebaut und wenn diese fertig ist und der Gegenverkehr im Tunnel weg fällt, ist die Fahrt bestimmt wesentlich angenehmer. Laut Internetrecherche soll dies 2029 sein.
Unser Ziel für diesem zweiten Tag war ein Stellplatz in Como in Italien. Der Stellplatz liegt relativ nahe an der Grenze und es hatten offensichtlich noch einige Wohnmobilisten die gleiche Idee wie wir: nach der Schweiz, ganz oben auf der Landkarte, in Italien zu übernachten. Der Stellplatz war voll besetzt, aber davor konnten wir noch ein Plätzchen ergattern. Die Stadt Como kennt wohl die Thematik und duldet die Übernachtungsgäste wurde uns erzählt. Gleich nach der Ankunft war Kleiderwechsel angesagt, denn bei sonnigen 20 Grad abends um 17 Uhr waren die mollig warmen Pullover definitiv out. Irgendwie kamen wir uns vor wie Träumer. Die vielen Eindrücke der Schweizer Bergwelt wirkten noch in uns nach und auf einem kleinen Spaziergang an den Comer See genossen wir bereits mediterranes Flair.
Der dritte Tag führte uns durch die Poebene nach Parma. Ein schöner Stellplatz mit allem was wir brauchten war vor Ort. Sogar ein Supermarkt lag gleich nebenan und wir füllten unsere Vorräte auf. Mir gefällt es, zu schauen was man woanders einkauft und isst. Deshalb kann ich viel Zeit in Supermärkten zubringen *lach. Die Übersetzer-App im Handy leistete uns wertvolle Hilfe, wenn wir ratlos vor manchen Leckereien standen. Jede Menge Fisch und allerlei Meeresgetier taten es mir besonders an. Da erst andere Lebensmittel verarbeitet werden sollten, verschoben wir den Einkauf auf später…. Ein Fehler, wie sich „später“ herausstellte, denn so eine tolle Angebotspalette in Sachen frischer Fisch fanden wir auf unserer Reise leider nicht mehr. Lehre: gleich zugreifen, wenn etwas beeindruckt!
Mit den Rädern fuhren wir in die Innenstadt von Parma. Von der Piazza Garibaldi aus erkundeten wir die Straßen und Gassen zu Fuß. Viele Geschäfte mit eleganter Herrenmode und extravaganter Damenmode fielen uns auf. In den Gassen erfreuten kreative Hingucker unseren Blick. Bars, Cafés und Restaurants luden zum Ausruhen ein. Das Geschäft, an dem ich nicht vorbei kam, war ein Spezialitätenladen mit Parmaschinken. Ich musste natürlich eine Kostprobe kaufen. Ein Espresso am Tresen einer Bar war für Helmut das Highlight.
Was man alles in Parma sehen und besichtigen könnte, sahen wir nicht. Dafür müsste man eine Städtetour buchen – diesen Plan hatten wir auf dieser Tour allerdings nicht. Glücklich und zufrieden verspeisten wir abends am Wohnmobil die gekauften Köstlichkeiten und freuten uns auf den nächsten Tag.
Der vierte Tag begann mit einem Schreck, denn Helmut touchierte beim Ausparken ganz leicht das hinter uns stehende Wohnmobil. Die Frau des Besitzers war gerade im Bad, stürzte leicht und hatte sich natürlich sehr erschrocken. Wir tauschten die Adressen aus und hofften, dass kein körperlicher Spätschaden auftrat (nach Monaten zu Hause denken wir, dass alles gut ausgegangen ist!). Blechschaden war keiner. Die Mitwohnmobilisten waren sehr nett und nahmen unsere Entschuldigung an.
Mann, Mann, Mann: eine klitzekleine Unaufmerksamkeit und schon gab es einen Grund, der den Puls ziemlich hochtrieb…
Hellwach und konzentriert machten wir uns auf den Weg nach Pisa. Wir überquerten Flüsse, die sehr ausgetrocknet waren. Wir lasen schon zu Hause von der anhaltenden Trockenheit in Italien. Das in live zu sehen war schon beeindruckend. Es sprengte unsere Vorstellungsgabe, wie es mit normalem Wasserstand aussehen könnte. Waren die Flüsse dann ganz voll? Sind sie sowieso immer im Sommer ziemlich trocken… viele Fragen und keine Antworten…
Die Landschaften links und rechts der Autobahn waren sehr abwechslungsreich: weite Landschaften die sehr dünn besiedelt sind, Berge mit und ohne Häuser, Burgen auf Berghöhen, kleine Orte, die wie in die Bergwelt geklebt wirkten. Wir stellten uns das Leben in diesen Regionen recht einsam und auch anstrengend vor. Alleine zum Einkaufen müsste man ziemlich weit fahren.
Schon von weitem sah man das Marmorgebirge mit knapp 1900 Metern Höhe. Dort wird der weltberühmte weiße Carrara-Marmor abgebaut. Da unser Ziel die Toskana war, ließen wir diese bestimmt auch sehr interessante Region auf der Autobahn an uns vorbeirauschen. Wir konnten Blicke auf riesige Blöcke des weißen Marmors erhaschen, der dort gelagert wurde.
Einen kleinen Absatz möchte ich den Mautstationen widmen. Wir hatten uns eingelesen, dass wir auf den gelb markierten Spuren nicht fahren durften, weil wir keine Mautbox hatten. Wenn man auf die erlaubten Schranken zu fährt, beginnt sofort eine weibliche Stimme – auf Italienisch – logisch! – ohne Punkt und Komma zu reden. Das macht einen nervös. Die Nervosität steigt, wenn man merkt: der untere Terminal ist zu nieder, da für PKWs und der obere Terminal ist zu hoch, da für LKWs. Die Türe geht nicht auf, weil man dicht dran fahren musste. Helmut hing also so halb aus dem Seitenfenster und suchte eine Möglichkeit mit der EC-Karte zu bezahlen. Ich „half“ ihm vom Beifahrersitz aus mit klugen Ratschlägen. Um die italienische Dauerrednerin zu übertönen, mussten wir uns auch laut unterhalten. Zu guter Letzt bezahlten wir mit Bargeld und waren nur froh, als sich diese Schranke öffnete… puh, das kostete jedes Mal richtig Nerven. Da will man wirklich alles richtig machen und blickt es nicht…. Meistens mussten wir nach ein paar Kilometern herzhaft über unseren Stress lachen. Wir sind halt doch Landeier *lach.
In Pisa fanden wir einen Stellplatz, der zweckmäßig war, das heißt, alles war da, was Camper brauchen. Wir fühlten uns sicher, konnten ruhig schlafen und der Weg zu den Sehenswürdigkeiten war kurz. Diesen Weg legten wir mit den Rädern zurück.
Fahrradfahren in Italien machte uns übrigens keinen Spaß. In Italien fährt man anders Auto als in Deutschland. Als Radler fühlten wir uns nicht wirklich sicher. Radwege gab es ab und zu, aber diese endeten irgendwo und man musste auf der Straße weiter fahren. Vielleicht bin ich einfach schon zu alt, um mich auf dieses Abenteuer einzulassen *lach.
Wirklich lustig war der Besuch des Schiefen Turmes. Um die Piazza dei Miracoli (Platz der Wunder) zu erreichen, passierten wir einen Straßenzug, auf dem sich Händler mit ihren Ständen platzierten und unglaublich viele Menschen an den Ständen vorbei drängten – um etwas zu kaufen, etwas zu essen oder einfach um die Piazza zu erreichen. Man bedenke, es war der 19. April – wie ist es dort im Sommer und zur Ferienzeit????
Als wir die Piazza dei Miracoli (mir gefällt dieser Name – weckt kulinarische Erinnerungen an früher *lach) erreichten, staunten wir über Menschen aus aller Herren Länder, die sonderbare Verrenkungen machten. Eine Probe fürs Theater? – Nein, alle wollten ihren ganz speziellen Schnappschuss mit dem berühmten Turm, dem Schiefen, machen. Wir natürlich auch, das ist doch klar. Irgendwann waren wir es müde und fanden ein Plätzchen auf einer Treppe und ließen dieses Treiben auf uns wirken. Viele Menschen legten einen unglaublichen Ehrgeiz an den Tag, um eine ausgefallene Pose vor und mit dem Turm zu fotografieren. Es lagen wirklich Omas auf der Straße und brauchten Hilfe zum Aufstehen – aber ein tolles Foto hatten sie – das zu beobachten war besser als jeder Film im TV: life ist live *lach.
In den Gassen Pisa´s war das Leben etwas beschaulicher. Wir bummelten an Cafés, Restaurants und vielen kleinen Läden vorbei und ließen später am Wohnmobil die Eindrücke Revue passieren.
Am fünften Tag erwachte ich mit einer kräftigen Erkältung. Trotzdem machten wir uns auf den Weg nach Lucca. Der Stellplatz dort war ein großer Parkplatz, hatte aber alles, was wir brauchten. Gleich um die Ecke waren ein kleiner Bäcker und ein Metzger, der auch Gemüse aus der Region verkaufte.
Der Bäckerladen war wirklich klein: es konnte nur ein Kunde mit Begleitung in den Verkaufsraum. So warteten wir geduldig vor der Türe, bis wir dran kamen. Es gefiel uns, wie sich die Leute begrüßten. Helmut und ich unterhielten uns über den schönen Klang der italienischen Sprache und kamen so mit einer italienischen Frau ins „Gespräch“ – also sie auf Italienisch und wir auf Deutsch über die Musik der Sprache. Wenn man „Bon Giorno“ und „Guten Tag“ gegenüber stellt, kann man es sehr gut erkennen *lach.
Ein Gewitter am frühen Nachmittag kam mir gerade recht, denn ich konnte mich ausruhen und meine Erkältung pflegen. Gegen später schauten wir uns das Städtlein an. Auf uns wirkte es ein wenig duster, da die Häuser ziemlich hoch und die Gassen mit ihrem Kopfsteinpflaster ziemlich eng waren.
Die Piazza dell´ Anfiteatro war sehenswert. Die Römer erbauten hier ein Amphitheater und bis heute ist es in seiner historischen, ovalen Form erhalten. Auch das bekannteste Wahrzeichen von Lucca besuchten wir und beradelten es ein Stück: die gut erhaltene Stadtmauer, die das historische Stadtzentrum umgibt. Breite Wege auf den Festungswällen aus dem 16. und 17. Jahrhundert werden heute zum Spazierengehen, Radfahren, Joggen genutzt. Viele Bäume spendeten Schatten und man konnte das bunte Treiben auf einer Parkbank sitzend auf sich wirken lassen.
Früh schlafen gehen, war an diesem Abend mein Wunsch und es lohnte sich, denn am sechsten Tag war mein Befinden schon wieder wesentlich besser als am Vortag.
Auf der Landkarte hatten wir einen kleinen Ort mit Namen San Miniato gefunden. Einen Stellplatz sollte es dort auch geben und da es nicht so weit von Lucca entfernt war, nahmen wir uns das als nächstes Ziel vor. Herrliche Landschaften begleiteten uns und schon von weitem sahen wir auf einem Hügel wie gemalt das schöne San Miniato. Leider konnten wir den Stellplatz nicht finden. Auch Fragen an Einheimische halfen uns nicht weiter. Eine große Herausforderung war, dass die Straßen zu Sträßchen wurden und vermutlich irgendwann zu Gassen und Gässchen. Helmut weigerte sich an einem bestimmten Punkt weiter zu fahren. Mit viel Geschick konnte er das Wohnmobil wenden. Das war auf diesem engen Raum wirklich eine Herausforderung. Auf die Schnelle musste ein neues Ziel her, denn Plan B hatten wir nicht.
In der Stellplatz App fand ich einen Ort mit Namen Montaione. Der Weg dorthin führte über kleine Nebenstraßen. Das klingt jetzt vielleicht nicht besonders interessant, aber mit dem großen Wagen und den wirklich engen Straßen war es schon sehr besonders. Landschaftlich war es ein Traum, so abseits der touristischen Pfade unterwegs zu sein.
In Montaione fanden wir den Stellplatz sehr schnell: er war für zwei Wohnmobile vorgesehen, hatte Ver- und Entsorgung, Strom, Müllbehälter und – tara: kostete nichts. Das erlebten wir in Italien ein paar Mal und waren und sind es immer noch: sehr begeistert. Manche Orte wissen, wie man Touristen positiv stimmt. Wir honorierten das auf Touristenart und unterstützten die dortige Gastronomie. Auch unsere Vorräte füllten wir wieder auf.
Wenn sich der ängstliche Typ Leser jetzt fragt, ob der Platz auch sicher war: wir denken schon. Mehrmals am Tag und Abend hielt die Polizei auf einem Parkplatz in der Nähe und die Polizisten daddelten auf ihren Handys. Der Platz war in einem Wohngebiet und obwohl das zweite Wohnmobil abends weg fuhr, hatten wir keine Bange, sondern eine ruhige und angenehme Nacht.
Ach ja, Montaione per Pedes zu erkunden lohnte sich auch. Wir empfanden es als ein nettes kleines Städtchen mit fantastischen Aussichtspunkten ins weite Land!
Für den siebten Tag, einem Samstag, nahmen wir uns vor nach Volterra zu fahren. Wir suchten nach einem Plätzchen, an dem wir uns evtl. etwas länger aufhalten konnten, denn Dienstag war ein Feiertag in Italien und wir konnten uns ausrechnen, dass Italiener an Feiertagen das Gleiche machen wie wir in Deutschland: die Brückentage nutzen für Ausflüge mit dem Wohnmobil.
Volterra war für mich kein wirklich interessantes Ziel, denn ich hatte im Vorfeld gelesen, dass sich Schreiber von Vampir-Romanen dort inspirieren ließen. Das passt überhaupt nicht zu meinen Vorlieben und das Vorurteil war fertig! In Gesprächen unterwegs wurde uns allerdings immer wieder erzählt, wie schön es dort sei und so gab ich meiner Neugierde nach – gottseidank!
Aber nun der Reihe nach, denn der Besuch in Volterra barg viele Abenteuer in sich. Als wir so von Montaione nach Volterra fuhren begeisterte uns wieder die herrliche Landschaft. Volterra ist eine Festung auf einem Berg und schon von weitem konnte man sie sehen.
Je näher wir dem Ort kamen, desto voller wurden die Straßen. Ein deutsches Wohnmobil, welches uns entgegen kam, hielt an und informierte uns, dass „alles dicht sei, es sei Markt, die Polizei würde sofort abschleppen lassen und man käme nicht einmal zu dem Stellplatz“. Na toll… Helmut wendete bei nächster Gelegenheit und ich zückte meine Stellplatz-App. Im Vorbeifahren sah ich im letzten Moment ein kleines Schild, das einen Weg zum Wohnmobil-Stellplatz wies. Reaktionsschnell konnte Helmut abbiegen. Nach der nächsten Kurve sahen wir den Stellplatz und viele, sehr viele, eigentlich viel zu viele Wohnmobile. Mit großen Augen stellten wir uns erst einmal in die Reihe, um auf den Stellplatz zu kommen. Wie erwartet, waren es fast nur italienische Fahrzeuge und wir merkten: unsere Idee, sich einen Stellplatz für ein paar Tage zu suchen war grundsätzlich richtig, wir waren nur zu spät dran. Jedes Plätzchen war belegt, ob es ein vorgesehener Parkplatz war oder nicht. Wild gestikulierend liefen Männer auf dem Platz herum und wiesen Wohnmobile ein.
Manchmal habe ich so eine unerklärliche bockige Art und mag Situationen nicht so sehen, wie sie wirklich sind. Also stieg ich aus und marschierte auch über den Platz. In einer Ecke stand doch tatsächlich noch ein Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen und ich sprach die Bewohner an. Deutsche unter sich im fremden Land sollten das so tun *lach. Hocherfreut vernahm ich die Botschaft, dass sie in wenigen Minuten weg fahren wollten. Sie wollten noch so lange warten, bis Helmut sich mit unserem Wohnmobil durchgekämpft hatte. Also war ich jetzt auch wild gestikulierend auf dem Platz unterwegs und lotste Helmut an den frei werdenden Platz. Puh, das war eine große Erleichterung, als wir endlich dort standen. Wir saßen lange im Wohnmobil und sahen durch unsere Frontscheibe einen Film der allerbesten Sorte!
Man stelle sich die Situation in Deutschland vor: der Stellplatz ist voll – fertig.
In Italien versuchte man durch zusammen rücken und miteinander reden so viele Wohnmobile wie möglich unterzubringen. Wichtig zu sagen ist mir auch, dass immer darauf geachtet wurde, dass niemand zugeparkt wurde und jederzeit eine Abreise möglich war. Sogar eine Reservierung mit einem Campingstuhl wurde respektiert. Es standen abends auf dem Wohnmobil-Stellplatz für offiziell 30 Wohnmobile (lt. App) mehr als 60 Wohnmobile. Auch auf dem benachbarten Parkplatz standen die fahrbaren Wohnungen und niemand störte sich dran, sondern freute sich, dass so viele ein Plätzchen gefunden hatten.
Typische italienische Lebensart konnten wir auch in der Situation beobachten, als Tische und Stühle herausgeräumt wurden. Neben den Womos war kein Platz mehr dafür. Kurzerhand wurde eine lange Tafel auf dem verbleibenden Fahrweg gebildet und miteinander gegessen, getrunken und gelacht. Nein, es wurde kein Gelage daraus, sondern zu ziviler Zeit war alles wieder weg geräumt und es kehrte Ruhe auf dem Platz ein.
Der Besuch in Volterra hatte sich wirklich gelohnt. An jeder Ecke gab es einen optischen Wow-Effekt. Der Stadtkern ist eine große Fußgängerzone. Handwerkskunst mit Alabaster und Olivenholz ist in kleinen Geschäften zu bestaunen. Man kann dort auch einen Turm besichtigen, von welchem man direkten Blick auf die Hofgänger des aktiven Gefängnisses werfen kann. Wir waren zu spät dran (leider? gottseidank?). Der Aufgang auf den Turm war schon geschlossen und wir ließen uns von andern Touristen davon berichten. Die prominente Lage auf dem Berg beschert in alle Richtungen wunderschöne Ausblicke in das weite Land. Musikalische Klänge einer tollen kleinen Band zauberten zusätzlich eine märchenhafte Stimmung, die wir auf der Piazza bei Eis und Espresso genossen.
Von Abenteuerlust gepackt, machten wir uns am nächsten, dem achten Tag trotz nahendem Feiertag und Stellplatz-Turbulenzen auf den Weg nach San Gimignano. Wir fuhren relativ früh los und unser Plan ging auf, denn in San Gimignano hatten andere Reisende die gleiche Idee und wir bekamen problemlos einen Platz auf dem angepeilten Stellplatz. San Gimignano kannte ich bereits von einer früheren Reise mit Kollegen und hatte es in wunderschöner Erinnerung. Deshalb stürzten wir uns in die Touri-Hochburg, aßen das obligatorische Weltmeister-Eis und bestaunten die schönen alten und gut erhaltenen Häuser. Sonntags sind mit Sicherheit noch mehr Touristen als normalerweise dort und deshalb nahm in unserer Planung der Wunsch nach etwas einsameren Gegenden Gestalt an.
Diesen Wunsch konnten wir uns am neunten Tag in Monteriggioni erfüllen. Ein sehr schöner Stellplatz in nicht touristisch überlaufener Lage war genau nach unserem Geschmack. Ein gemütlicher Tag am Womo mit Wäsche waschen und einem kleinen Spaziergang gab uns die Gelegenheit, unsere Reise ein klein wenig zu verdauen.
Das Bezahlsystem des Stellplatzes funktionierte wie ein Parkhaus: Ticket ziehen, dann öffnet sich die Schranke. Bei uns klappte das, wir konnten allerdings beobachten, dass viele Fahrzeuge bei der Ausfahrt Probleme hatten und über die Sprechanlage mit der Zentrale diese Probleme klärten. Abends gegen 22 Uhr vernahmen wir ein permanentes Piepen – piep – piep – piep…. das kann schon nerven, auch wenn man nicht sehr empfindlich ist. Wir ordneten es der Schranke und den Ausfahrtproblemen zu. Mangels italienischer Sprachkenntnisse unterließen wir aber den Klärungsversuch über die Sprechanlage…. irgendwann hörte das Piepen auf.
Für den zehnten Tag planten wir, mit dem Bus nach Sienna zu fahren. Die Bushaltestelle war direkt am Stellplatz und wir waren pünktlich dort. Nach einer geraumen Weile mussten wir verstehen, dass an diesem Tag kein Bus kommen sollte. Die Bushaltestelle bediente u. a. eine Schule und wurde am Feiertag nicht angefahren. Unsere Enttäuschung hielt sich in Grenzen. Wir fuhren mit den Rädern ein wenig in der Gegend herum, besichtigten das Castello Monteriggioni und freuten uns darüber, dass es uns so gut ging.
Der elfte Tag war für mich ein Highlight, denn unser Weg führte uns nach Castiglion Fibocchi zur Fattoria la Vialla. Die Fattoria lernte ich über kunstvolle und sehr kreative Prospekte kennen und hatte zu Hause schon einmal im Onlineshop bestellt.
Für eine Nacht darf man kostenlos auf dem Wohnmobilstellplatz bleiben, wenn man dort einkehrt oder einkauft. Gottseidank hatten wir reserviert, denn der Stellplatz war voll. Wir spürten eine richtig schöne und heitere Stimmung und fühlten uns sofort wohl. Helmut war vor dem Besuch ein wenig kritisch, weil er meine Begeisterung für Bio und Besonders kennt. Er ist nun auch infiziert *lach.
Zunächst gönnten wir uns ein Mittagessen. Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man sich Prospekte angeschaut hat und sitzt auf einmal in der gezeigten Szenerie. Ich bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht und genoss wirklich jeden Moment. Meine geheime Frage war ja, ob sie (die Bewohner der Fattoria) in Wirklichkeit genauso sind, wie sie es auf den Fotos vermitteln. Die Antwort darauf ist ein klares Ja. Die Fröhlichkeit des Personals springt über, die Qualität der Speisen und Getränke ist super gut und das gesamte Ambiente ein Träumchen.
Alle paar Stunden wird eine kostenlose Führung über die Fattoria angeboten und wir waren natürlich dabei. Wir erfuhren Interessantes über den Olivenanbau und die Verarbeitung zu Öl, durften im Weinkeller eine Weinprobe mitmachen und hörten, dass die Fattoria 20.000 Schafe auf Sardinien hat, die die Grundzutaten für den leckeren Pecorino liefern. Wir konnten einen Blick in die Zauberküche und die Bäckerei erhaschen und den Angestellten bei der Arbeit zuschauen.
Für unsere weitere Reise deckten wir uns im Hofladen mit Lebensmitteln ein. Super ist, dass man fast alles probieren kann und vieles erklärt bekommt. So z. B. dass aus Oliven, die aus der Gegend kommen ein geschmacklich intensiveres Öl gepresst wird, als aus den Oliven, die aus Sizilien geliefert werden. Dieses Olivenöl ist milder. Ich weiß, dass das intensivere Olivenöl wegen der Polyphenole gesünder ist, trotzdem schmeckt mir das Milde besser *lach. Die gekauften Waren werden mit einem kleinen Golfwägelchen zum Wohnmobil gebracht – eine heitere Angelegenheit, da sich jeder freut, dass er nichts den Berg runterschleppen muss.
Lustig war, dass an der Kasse eine deutsche Frau arbeitete, die uns fragte, wo wir her kämen – sie kommt aus dem Nachbarort in unserer Heimat. Die Welt ist klein. Durch sie kamen wir zu der für mich wertvollen Information, dass über den Winter in Deutschland ebenfalls probiert und eingekauft werden kann, z. B. in Horb unter dem mich verwirrenden Namen Fattoria la Vialla Speisekammer. Als Insider weiß man es…
Abends machten wir einen langen Spaziergang auf der Fattoria und genossen die entspannte Atmosphäre und die herrliche Landschaft.
Tage später trafen wir Leute, die auch auf dem Wohnmobilstellplatz waren und ihre Augen strahlten, denn sie hatten die gleiche Meinung wie wir: die Toscana ist wunderschön aber das Highlight war die Fattoria la Vialla.
Am zwölften Tag ging die Reise weiter. In der Nähe von Castiglion Fibocchi liegt Arrezzo, eigentlich auch eine Reise wert. Wir waren aber noch nicht soweit, dass wir gleich neue Eindrücke aufnehmen wollten und so legten wir Montepulciano als nächstes Ziel fest.
Die ca. 60/70 km lange Strecke erwies sich als sehr abenteuerlich. Die Straßen waren eng und einfach nur schlecht. Helmut war irgendwann so genervt, dass ich in der Stellplatz-App eine Lösung suchte. Auf dem Weg lag die Ortschaft Toritta di Sienna und hier sollte es einen Stellplatz geben. Als wir auf den Stellplatz fuhren hatten wir wieder dieses Wow-Erlebnis: herrliche Aussicht, ruhig, kostenlos sogar incl. Strom. Auf einem Spaziergang lernten wir einen netten kleinen Ort mit interessanten Ecken kennen und waren wieder einmal sehr, sehr happy.
Im Gespräch mit Womo-Nachbarn tauschten wir uns aus über woher und wohin und bekamen tolle Tipps für Ziele, die wir nicht auf dem Schirm hatten.
Am dreizehnten Tag stand wieder Montepulciano auf dem Plan. Auf dem Platz, auf dem die Wohnmobile stehen dürfen, war allerdings Kirmes mit allem was dazugehört (Riesenrad, Fahrgeschäfte Essensstände…). Also ein Satz mit X und Montepulciano musste auf unsere Bekanntschaft verzichten.
Die Stellplatz-App zeigte einen Stellplatz in Chianciano Terme. Der Platz war schön, gut organisiert und mit super sauberer Dusche, Toiletten und Waschmaschine. Normalerweise nutzen wir alles (außer Waschmaschine) im Wohnmobil. Hier habe sogar ich eine Ausnahme gemacht und die sanitären Anlagen benutzt.
Chianciano Terme scheint ein eher gehobener Badekurort zu sein. Um diese Zeit (Ende April) war allerdings noch nicht viel los und so erschienen uns die tollen Hotels und Geschäfte eher trostlos. Einen ganz normalen Supermarkt konnten wir nicht finden. Zum ersten Mal veräppelte uns Google Maps nach Strich und Faden und wir marschierten ziemlich weit vergeblich durch die Mittagshitze um einfach nur Trinkwasser zu kaufen. Lehre: lass es nie knapp werden.
Zur Frustbewältigung kehrten wir in einem kleinen Lokal ein, in dem sich offensichtlich viele Einheimische nach Feierabend trafen. Ich bestellte einen Aperol Spritz und Helmut einen Espresso mit einem Croissant. Wir bekamen ein kleines Tablett mit verschiedenen Häppchen, Nüssen und Chips dazu gereicht. Das ist offensichtlich so üblich, staunten wir und ließen es uns schmecken. Wir bezahlten übrigens 7 €. Wir ließen das la Dolce Vita auf uns wirken und beobachteten die Gespräche, die uns, da Hände und Füße intensiv beteiligt waren, manche Erkenntnisse erschlossen *lach.
Der vierzehnte Tag brachte uns nach Montalchino. Geplant war, dass wir unterwegs zunächst Wasser kaufen wollten. Google Maps versprach uns einen Supermarkt in unserem Zielort. Tja, irgendwie war der Wurm drin… Montalchino liegt auf einem Berg. In die Stadt dürfen keine Autos und natürlich schon gar keine Wohnmobile. Parkplätze sind ziemlich weit außerhalb und eher für PKWs gedacht. Also sind wir auf den Wohnmobil-Stellplatz gefahren. Montalchino liegt auf einem Berg und daneben ist ein noch höherer Berg und auf diesem ist der Stellplatz *nicht lustig.
Mit Rucksäcken ausgerüstet machten wir uns per Pedes auf den steilen Weg nach unten – wohl wissend – heimwärts ist er mindestens genauso steil, dieser Weg. Wir kauften mit Maß und Ziel ein, aber es war dann doch recht viel. Helmut traute sich zu, zusätzlich zum Rucksack noch 4 2-Ltr. Flaschen Wasser zum Wohnmobil zu schleppen. Gaaanz langsam schritten wir voll bepackt den Weg nach oben. Etwa in der Hälfte des Weges hielt ein kleiner Fiat neben Helmut und eine nette Italienerin fragte ihn, ob er zum Wohnmobilstellplatz wolle und bot ihm an, ihn mitzunehmen. Nett, wie er ist, wollte er mich mitfahren lassen, aber für uns alle war kein Platz in dem Auto, also ließ ich ihn ziehen *lach, mit der hübschen, netten Italienerin und 8 Litern Wasser.
Nachmittags marschierten wir den Weg noch einmal und besichtigten das wirklich wunderschöne Städtchen. In der Innenstadt sind die Gassen sehr eng und wir verstanden, warum keine Autos in die Stadt dürfen. Viele Geschäfte mit Wein sahen wir. Der berühmte Brunello de Montalchino kommt von hier – Weinkenner kennen ihn vielleicht – wir nicht.
Wir verwöhnten uns mit Espresso an der Bar (Helmut strahlt jedes Mal) und Eis. Wir kamen mit 4 Schwedinnen ins Gespräch und konnten uns mit unseren Englisch-Kenntnissen in Italien über unsere Reise austauschen. Wenn das mal nicht Multi-Kulti ist *lach.
Gerade rechtzeitig bevor Regen einsetzte waren wir wieder am Wohnmobil. Ohne vollen Rucksack war der Weg zwar anstrengend aber gut machbar (schreibt die, die nicht gerne Berge hoch läuft).
Da für den nächsten Tag auch viel Regen angesagt war entschieden wir, den fünfzehnten Tag noch auf dem Stellplatz zu bleiben.
In einer Regenpause schlenderten wir wieder durch die Altstadt von Montalchino, besichtigten die Kirche und staunten wieder einmal über die herrliche Landschaft, die man von dort oben sehen konnte. Wir kamen an einem Festzelt vorbei und es wurde gegessen und getrunken. Unser Magen meldete sich und wir studierten die dortigen Mahlzeiten. Nix mit Wurst und Brötchen, oder Schnitzelweck oder so… Mit der Übersetzer-App konnten wir die Speisekarte entziffern und trauten uns an den Tresen. Heute noch kann ich sagen, dass ich selten auf einem Fest so lecker gegessen habe.
Den restlichen Tag verbrachten wir faul im Wohnmobil und ließen uns von den Regentropfen auf dem Dach unterhalten.
Schon oft sahen wir in Dokumentationen über die Toscana die warmen Quellen von Saturnia. Deshalb war es mein Wunsch, diese auch auf die Reiseroute zu packen. Am sechzehnten Tag standen sie auf dem Programm.
Die Route führte uns durch die Berge der Toscana zum Teil auf 900 Meter Höhe. Wir waren ungefähr 1,5 Stunden unterwegs – allerdings auf abenteuerlichen Straßen. Ich weiß, ich schrieb das schon das eine und andere Mal, aber es gibt immer noch eine Steigerung. Als wir am Ziel angekommen waren, hatten sich die Fahrräder in der Garage gelockert, aus jedem Schrank fiel uns etwas entgegen und – man fasst es kaum: sämtliche Kleiderbügel waren von der Stange gefallen… Helmut war vorsichtig gefahren! Daran lag es nicht!!
Gesund und durchgerüttelt fanden wir einen netten Platz auf dem Stellplatz in Saturnia. Man konnte die Nähe zu den Thermen überall erkennen, denn es hingen fast an jedem Wohnmobil Handtücher und Badebekleidung zum Trocknen.
Wir gönnten uns zunächst eine ausgiebige Mittagspause und machten dann einen Erkundungsspaziergang zu den Quellen. Auf dem Parkplatz davor waren sehr viele PKWs und Menschen, die sich umzogen. Unsere Vermutung, dass es sich um einen Besuchermagnet handelte, bestätigte sich immer mehr – als wir um die letzte Ecke bogen, hatten wir die Gewissheit … so, wie auf den Werbefotos, werden wir die Quellen nicht genießen können. Unzählbar viele Menschen standen oder lagen im Wasser. Wir fassten den Entschluss, abends noch einmal zu kommen – in der Hoffnung, dass dann weniger Menschen da sind.
Die Vorab-Information über die Gegebenheiten war für mich hilfreich: es gab keine Bank, um die Kleidung abzulegen, es war leicht schlammig, so konnte man (also wir) auch nichts auf dem Boden platzieren und die Vernunft ließ keinen Zweifel daran, dass immer nur einer ins Wasser gehen und der Andere bei den Klamotten bleiben sollte. Das Wasser war angenehm warm und der erwartete Schwefelgeruch nicht übermächtig.
Wir hatten einen entspannten Nachmittag und machten uns gegen Abend nochmals auf den Weg, um uns auch in den berühmten und gesunden Fluten zu aalen. Wie erwartet, waren weniger Menschen da, aber immer noch zu viele. Da ich ziemlich verfroren bin, ließ ich Helmut gerne den Vortritt.
Meine persönlichen Eindrücke sprechen jetzt nicht unbedingt für die berühmten Quellen. Ich bin allerdings nicht der Maßstab, was Bewegung im Wasser außerhalb eines gechlorten Pools angeht. Ich schlurfte also durch den Schlamm ins Wasser und stellte fest (ich habe das vorher wirklich nicht so wahrgenommen) dass das Wasser nur bis zu den Knöcheln, maximal bis Mitte Wade geht. Im Wasser war der Grund mit kleinen Kieseln bedeckt. Ich fasste mir ein Herz und legte mich in diese Brühe, dass nur der Kopf herausschaut. Helmut machte ein paar Fotos und spätestens als der eine und andere Hygieneartikel an mir vorbei schwamm war meine Saturnia-Euphorie vorbei. Das angelesene Wissen über die „Würmer“ im Wasser, konkret um die Larven der Zuckmücke, die völlig harmlos sein sollen, hatte auch seine Wirkung. Gottseidank gab es Duschen vor Ort.
Wenn ich heute Fotos von den Quellen sehe, denke ich, dass es ein unglaubliches Naturschauspiel ist, welches wirklich sehens- und erlebenswert ist. Wenn ich allerdings die Menschen selig lächelnd im Wasser sehe, muss ich grinsen: ich habe mein Foto…. einmal und nie wieder *lach.
Wir kamen mit super netten Womo-Nachbarn ins Gespräch. Manchmal denkt man sich, schade, dass die Wege sich so schnell trennen. So ging es uns mit Gerhard und Bianca. Sie wollten an den Bolsena-See und wir zur Laguna di Orbetello. Als wir am nächsten Morgen, dem siebzehnten Tag, weiter zogen, hinterließ ich meine Handy-Nr. am Scheibenwischer * lach, das habe ich vorher noch nie gemacht!!! Wir hatten uns eigentlich verabredet, um uns zu verabschieden, verpassten uns aber.
Quer durch das Land fuhren wir durch herrliche Landschaften – über die Nebenstraßen lasse ich mich jetzt nicht schon wieder aus. Wir machten manchen Fotostopp um die Bilderbuch-Atmosphäre einzufangen und in uns aufzusaugen. In einem klitzekleinen Ort machten wir eine Kaffeepause, in der Helmut wieder seinen geliebten Espresso am Tresen einer Bar einnahm. So gefällt uns das! Abseits der Touristenströme mit den Einheimischen in urigen Kneipen.
Von der Laguna di Orbetello hatten wir in Gesprächen mit Wohnmobilisten als sehr fahrradfreundlich erzählt bekommen. Vor Ort schaute ich mir Routen über die Komoot-App an und stellte fest, dass die meinen Leistungslevel sprengen würden: über Berge, zum Teil am Strand, zum Teil Fahrrad tragen … ne, ne…
So machten wir uns mit dem Fahrrad auf, im Nachbarort Porto Ercole einen Bäcker zu finden. Der Radweg führte uns erstaunlich lange an der Hauptstraße entlang und endete irgendwann … Etwas misslaunig radelte ich durch den Straßenverkehr hinter Helmut her, den Berg hinunter. Die Vorstellung, dass ich das alles wieder hochstrampeln musste, gefiel mir nicht. Uralte Häuser und enge Gassen vermochten meine Laune nicht positiv beeinflussen.
Als wir unten waren tat sich vor uns eine Kulisse auf, die mir kurz den Atem nahm: das Meer, der Hafen, links und rechts eingerahmt von massiven Festungsanlagen. Deren Geschichte geht bis ins 16. Jahrhundert zurück und sie ließen uns den mächtigen Schutz vor Wasser, Wind und Feinden spüren. Wieder einmal so ein Wow-Moment!!!
Linker Hand lag der Yachthafen, mit einer hübschen Promenade mit Geschäften und Lokalen und rechter Hand waren die Fischerboote. Wir hatten Glück und konnten miterleben, wie ein Fischerboot ankam. Viele Kisten verschiedenster und bereits vorsortierter Fische wurden ausgeladen. Leider war es nicht möglich, einen frischen Fisch zu kaufen, denn die Ware war schon vorbereitet für einen Großhändler aus Rom. Trotzdem super spannend zu sehen.
Einen kleinen Bäckerladen fanden wir auch. Es gab viele kleine verschiedene Kuchen/Kekse/Kaffeestückchen und natürlich auch Brot. Die Bäckerei-Verkäuferin freute sich, als wir von vielen Keksen ein Probiererle kauften – und wir freuten uns auch.
Ab dem achtzehnten Tag drehte sich die Himmelsrichtung unserer Reise. Wir rechneten uns den Heimweg aus, und planten genügend Zeit ein, um an schönen Plätzen verweilen zu können.
Einen ersten Stopp machten wir in Grosseto, aber außer Einkaufsmöglichkeiten fanden wir nichts, was uns zum Bleiben animierte. So freuten wir uns wieder einmal über die Freiheit des Reisens und zogen weiter.
Wir hatten in Toritta di Sienna einen Tipp für einen wunderschönen Stellplatz bekommen und dieser lag jetzt auf unserer Route: San Vincenzo. Etwas abseits auf der Höhe hat ein Aussteiger ein Stückchen Paradies für sich geschaffen und bietet einige wenige Stellplätze für Wohnmobile an. In Original-Toskana-Umgebung mit Zypressen und Kräuterwiesen, Blick übers Meer, am Horizont konnte man die Inseln Elba und Korsika erkennen Ruhe und Natur – boa, ich weiß nicht, wie ich dieses herrliche Fleckchen Erde in Worte fassen kann. Wir genossen jeden Augenblick und ich erinnere mich noch gut daran, als ich vor dem Wohnmobil kochte und gar nicht fassen konnte, in welcher traumhaften Umgebung ich gerade war.
Einen Störer gab es dann doch…. auch im Paradies gab es das *lach: Ein weiteres Wohnmobil näherte sich und der Fahrer stieg aus, besah sich alles, kam zu uns und meinte, dass dieser Platz doch sehr teuer sei (30€/Nacht) und er nicht verstehen könne, warum. Ich zeigte nur mit dem Arm auf die herrliche Landschaft und sagte: „darum“. Er blieb dann trotzdem und kam später nochmal zum Nörgeln: keine Duschen da (hallo, er hat bestimmt eine im Womo). Der Stellplatzbetreiber wies die Plätze sehr sorgfältig zu, dass jeder einen ungestörten Blick auf das herrliche Panorama hatte und auch weit genug weg war vom Nachbarn. Darüber regte der Nörgler sich auch auf und zu guter Letzt natürlich das Wichtigste: er hatte keinen Empfang mit seiner SAT-Schüssel… Mann, Mann, Mann, derartige Leute können einem echt leidtun…. Meine Freundlichkeit hat bei solchen Menschen Grenzen und ich gehe ihnen aus dem Weg…
Wir besahen uns auch die Ortschaft San Vincenzo. Der Strand ist wohl sehr bekannt, aber da wir noch in der Vorsaison waren, wurde dort gearbeitet und vorbereitet für die kommenden Touristenströme. Auch der riesiger Yachthafen beeindruckte uns und wir konnten uns gut vorstellen, dass im Sommer dort wirklich viel los sein würde.
Der Abend bescherte uns einen traumhaften Sonnenuntergang am Wohnmobil und ich denke, die Bilder sprechen eine eigene Sprache…
Später, als es dunkel war, hörten wir auf einmal ein Piepen: piep, piep, piep… genau das gleiche Piepen wie in Monteriggioni. Nur, hier war keine Schranke, der wir damals dieses Piepen zuordneten. Kurzerhand rief ich den Stellplatz-Chef an (er wohnt auch auf dem Platz). In meinem besten Englisch (ich muss heute noch schmunzeln) fragte ich ihn: „Outside is a „piep, piep“, what is it?“. Ich hörte wie er eine Türe öffnete, eine Weile lauschte und mich dann aufklärte: „Its a little bird. We are in nature.“ Aha….
Mit Google ist heute vieles möglich und ich konnte tatsächlich herausfinden, dass es sich um eine Zwergohreule handelte – wieder was gelernt *lach.
Schweren Herzens wollten wir uns am neunzehnten Tag auf den weiteren Weg Richtung Heimat machen, als früh morgens mein Handy klingelte und Gerhard und Bianca am anderen Ende der Leitung fragten, wo wir denn gerade wären. Das war eine Freude!! Am Bolsena-See war um diese Zeit überhaupt nichts los und sie wollten sich ebenfalls Richtung Heimat bewegen. Wir schwärmten von unserem Paradies und nach einem kurzen Check der Route kündigten sie ihr Kommen in ca. 3 Stunden an. Juchhu: noch ein Tag im Paradies mit super netten Leuten….
Wir verbrachten einen tollen Nachmittag und Abend miteinander und die schönen Gespräche klingen immer noch in unseren Herzen nach.
Am zwanzigsten Tag siegte die Vernunft und wir fuhren weiter Richtung Norden. Auf der Höhe von Pisa gibt es einen Stellplatz in Marina di Pisa. Wenn man wollte, könnte man mit dem Fahrrad auf ausgewiesenen! Fahrradwegen nach Pisa fahren. Wir haben es nicht getestet, ob diese ausgewiesene Fahrradroute brauchbar ist.
Wir schauten uns das nette Städtchen an, genossen den schönen Hafen, gönnten uns eine Fischplatte und freuten uns wieder einmal über all das Schöne was wir erleben durften und dürfen.
Der einundzwanzigste Tag hatte wieder einige Abenteuer für uns bereit… Unser Tagesziel war ein Stellplatz in Santa Margherita bei Portofino. Nachdem wir die Autobahn verlassen hatten, waren die Straßen so unglaublich voll, dass es höchste Konzentration bedeutete unbeschadet ans Ziel zu kommen. Rollerfahrer fuhren ohne Rücksicht einfach drauf los und vertrauten darauf, dass PKWs und Womos auf sie aufpassten. In einer Situation klappte sich unser rechter Seitenspiegel an einer Hecke ein und ich wies Helmut drauf hin, dass er weiter links fahren sollte… das war nicht möglich, da Roller an Roller die Straße vereinnahmten. Auf Hupen wurde sowieso nicht reagiert, weil – wer eine Hupe hatte hupte…. Ich sehnte mich zurück ins Landesinnere – so einen Wahnsinn erlebten wir dort nie.
Als wir endlich den Stellplatz erreichten und sogar noch den letzten freien Platz ergatterten, genügte ein Blick und wir waren uns einig: hier bleiben wir nicht. Also stürzten wir uns wieder ins Getümmel und fuhren quer über die Halbinsel nach Camogli.
Der Stellplatz war zwar auch nicht wirklich schön, aber es war entschieden ruhiger. Womo-Nachbarn erzählten uns von Wildschweinen, die früh morgens bis an die Womos kämen – wir haben sie nicht gesehen, aber das Wissen darum gefiel uns.
Die Womo-Nachbarn waren übrigens Schweizer, die uns den Tipp gaben, dass wir doch einfach unser Essen aus Deutschland mitbringen sollten, wenn wir in die Schweiz fahren würden. Es war ihnen bewusst, dass die Schweiz für Deutsche relativ teuer ist. Auf diese Weise könnte man die schöne Schweiz erkunden und erleben.
Auf einem Spaziergang auf einem wunderschönen Höhenweg, mit Blick übers Meer bis nach Genua, konnten wir den Trubel des Tages abschütteln.
Am zweiundzwanzigsten Tag, übrigens einem Sonntag, wurden wir um 5 Uhr morgens von der Müllabfuhr geweckt… So kamen wir wenigstens früh weg, denn wir peilten als Tagesziel den Lago Maggiore an. Die Autobahn durch die ligurischen Alpen war nicht nach meinem Geschmack: Tunnel, Brücke, Tunnel, Brücke usw. Ich war froh, als wir endlich die Poebene erreichten.
Die weite, flache Landschaft tat meinem Auge wohl und ich konnte mir gut vorstellen, einmal nur die Poebene zu bereisen, von Stellplatz zu Stellplatz zu tingeln bis an die Adria. Es ist eine fruchtbare Gegend und wir sahen sogar Reisfelder…
Am unteren Ende des Lago Maggiore, in Ranco fanden wir einen wunderschönen Stellplatz, der fast die Annehmlichkeiten eines Campingplatzes hatte. Wir gönnten uns auch den dreiundzwanzigsten Tag in dieser schönen Gegend, machten eine kleine Radtour, fanden einen schönen Fährhafen, eine wunderschöne Parkanlage und genossen die Sonne.
Mit der Sonne war es das dann auch. Laut Wetterkarte sollte ab dem vierundzwanzigsten Tag ein Wetterumschwung mit Regen kommen.
Auf Empfehlung vieler Reisender nahmen wir auf dem Heimweg die Route über den San Bernadino-Tunnel. Was uns nicht bewusst war, dass der Tunnel auf 1.600 m Höhe liegt = da muss man erst mal hinauf fahren. Bei schönem Wetter ist das bestimmt richtig schön. Als wir nach oben fuhren, konnte man die Hand nicht vor Augen sehen (siehe Wetterumschwung). Gottseidank hatten wir einen LKW vor uns, der mit max. 40 km/h fuhr. So konnten wir uns relativ stressfrei anhängen. Als wir auf der anderen Seite der Berge durch den Tunnel kamen, war schönes Wetter. So ein Erlebnis ist einfach jedes Mal schön.
Wir steuerten den ersten Rastplatz an und eine andere Wohnmobilistin bedankte sich bei uns, weil sie sich an uns angehängt hatten *lach… man tut was man kann.
Die Rückreise durch die schöne Schweiz, vorbei am Bodensee, mit einem Stopp bei Freunden verlief ruhig und problemlos und wir freuten uns nun auch auf ein paar Tage zu Hause, um die vielen, vielen Eindrücke zu verarbeiten.
** Kurz vor Weihnachten, also nach 7/8 Monaten trudelten 2 Strafzettel bei uns ein: wir hätten an 2 Mautstationen nicht bezahlt. Der nicht bezahlte Betrag lag einmal bei 9,40 € und das andere Mal bei 1,34 € – die Rechnungen von einer Anwaltskanzlei beliefen sich auf 53,08 € und 11,32 €. Recherchen im Internet ergaben, dass es sogenannte Touristenfallen gäbe. Da sind wir wohl reingetappt. Sollten wir nochmal nach Italien reisen, dann werden wir uns für eine MautBox entscheiden. Damit sollte so etwas nicht passieren.