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2023.03._Rundreise durch Portugal mit vielen Highlights

Wir waren schon oft in Portugal und die Lebensart gefällt uns. Eigentlich wissen wir aber über Kultur, Geschichte und viele interessante Themen sehr wenig. So kam uns eine Rundreise gerade recht, die genau die Punkte abdeckte, die uns interessierten. Terminlich entschieden wir uns für die erste mögliche Reise Anfang März. Die Erwartungen an das Wetter waren realistisch: etwas wärmer als zu Hause und wenn wir Glück haben, schon ein paar Sonnenstunden. Nach dieser Reise erhöhen sich auch zu Hause die Chancen auf angenehmere Temperaturen und dann lockt das Wohnmobil…

Am ersten Tag war wieder frühes Aufstehen angesagt, um den Flughafen in Frankfurt rechtzeitig zu erreichen. Koffer packen und diese frühe Anreise sind für mich schon ziemlich nervig… ohne geht es halt nicht – und es ist Klagen auf hohem Niveau *lach.

Flug, Abholung vom Flughafen durch den Reiseveranstalter und Fahrt zum Hotel nach Ericeira klappten wie am Schnürchen. Das Hotel liegt direkt am Meer, ist schon etwas in die Jahre gekommen, hat aber einen ganz besonderen Charme. Wir kamen uns vor wie die Träumer: im eigenen Bett aufgewacht und einige Stunden später das Meer mit seinen Wellen und sogar schon einigen Windsurfern zu bestaunen. Wir erkundeten das überschaubare Städtlein auf eigene Faust und spätestens als wir einen Espresso mit einem Pastel de Nata in der Sonne genossen, fiel alle Reiseanspannung von uns ab und die portugiesische Lebensart erreichte unsere Herzen.

Abends erhielten wir von der Reiseleitung einige Informationen über unsere Reise und nach dem vorzüglichen und vielfältigen Abendessen vom Büfett freuten wir uns noch mehr auf die vor uns liegenden Tage.

Am zweiten Tag fuhr der Bus um 8.15 Uhr vom Hotel ab nach Lissabon. Wir fanden das eine zivile Zeit (wir hatten andere Vergleiche – siehe Skandinavien-Reise). Um diese Uhrzeit war, wie fast überall auf der Welt, relativ viel Berufsverkehr. Lissabon hat ca. 500.000 Einwohner, in der Metropolregion leben etwa 2.800.000 Menschen. Die Straßen sind gut ausgebaut.

Unsere Reiseleiterin Teresa nutze die Zeit, um uns viel Interessantes über die Region zu erzählen. Im Herzen Lissabons, dem Praca de Dom Pedro IV, begann unser Stadtspaziergang. Der Platz ist von schönen Gebäuden umgeben und hat eine entspannte und doch quirlige Atmosphäre. Besonders gefiel mir das wellenförmig verlegte Mosaik auf dem Boden. Da noch nicht sehr viele Touristen unterwegs waren, konnte man dieses Kunstwerk uneingeschränkt genießen.

Eine Kaffeepause machten wir in einem der vielen Cafés und natürlich durfte ein Pastel de Nata nicht fehlen. Man konnte bei der Herstellung zuschauen – dann schmeckt es mir nochmal so gut *lach.

Ich finde eigentlich gar nicht die richtigen Worte, um das Gefühl in dieser tollen Stadt zu beschreiben: quirlig, beschaulich, alt, neu… Mit großen Augen marschierten wir hinter Teresa her – unseren Knopf im Ohr um ihren Erzählungen zu lauschen und immer ihren orangenen Schirm im Blick, damit wir sie ja nicht aus den Augen verloren.

Der Unterschied zwischen dem auffälligen ALT und NEU führt zurück zu dem schlimmen Erdbeben zusammen mit einem Großbrand und Tsunami am 1. November 1755. Es zählt zu einer der verheerendsten Naturkatastrophen europäischer Geschichte mit unzählbar vielen Todesopfern. Bis an die Algarve hinunter blieb fast kein Stein auf dem anderen. Nur die Oberstadt und ein alter, maurischer Stadtteil Lissabons (Alfama), blieben fast völlig verschont. Die Altstadt Alfama liegt zwischen dem Castelo S. Jorge und dem Flussufer des Tejo und Touristen lieben es heute noch durch die romantischen, engen Gassen zu schlendern.

Mit diesem Wissen schaut man noch ehrfürchtiger auf die Stadt und das ganze Land und lernt zu verstehen, warum viele alte Gebäude so gehegt und gepflegt werden und auch Ruinen Anziehungspunkte für geschichtsinteressierte Menschen sind.

Die Besichtigung der Catedral Sé Patriarcal aus dem 12. Jahrhundert war sehr interessant. Beeindruckende Fliesenbilder machten die Geschichte lebendig. Wir waren froh, so früh im Jahr hier zu sein, denn es bedurfte wenig Fantasie, sich diesen Platz im Sommer vorzustellen, wenn viele Menschen Urlaub machen.

Teresa wies uns eindringlich auf „Taschendiebe“ hin und darauf, unsere Taschen und Rucksäcke vor dem Körper zu tragen. Trotzdem wurden tatsächlich bei zwei Mitreisenden die Rucksäcke geöffnet. Gottseidank ohne Schaden, da wir gegenseitig aufeinander aufpassten und sich keine Wertsachen in den Rucksäcken befanden. Wir waren trotzdem ein wenig schockiert, wie schnell und unbemerkt das geht. Teresa erklärte uns, dass arme Menschen aus vielen verschiedenen Ländern sich solche Orte, an denen viele Menschen aufeinander treffen, aussuchen um sich widerrechtlich zu bereichern. Man kennt das ja auch aus anderen Ländern. Also immer, wenn es eng wurde, war die Aufforderung Taschen und Wertsachen vor dem Körper zu tragen.

Nach der „offiziellen“ Führung hatten wir ca. 2 Stunden Zeit für individuelle Mittagspause und/oder Besichtigungen auf eigene Faust. Wir wollten unbedingt mit der ältesten Standseilbahn, der Ascensor do Lavra fahren. Gegen eine kleine Gebühr kann man die Strecke von 182 Metern mit einer Höhendifferenz von 43 Metern zurücklegen. In jeder Dokumentation über Lissabon kann man sie sehen und mich freut es: ich bin damit gefahren und es hat mir sehr gefallen *lach. Aus Zeitgründen sind wir hoch und hinunter gefahren. Man kann auch nur eine Richtung buchen und dann in der Oberstadt spazieren gehen. Wir haben es vorgezogen, zu Fuß durch verwinkelte Gassen die Oberstadt zu erreichen und die vielen kleinen Lokale und Geschäfte zu bewundern.

In der Oberstadt hielten wir uns Richtung Elevador de Santa Justa, ein 45 m hoher, kunstvoll gestalteter Aufzug der die Ober- mit der Unterstadt verbindet und im Jahr 1902 gebaut wurde. Man hat einen herrlichen Ausblick auf Lissabon und den Tejo. Da wir bei einem früheren Besuch Lissabons bereits mit dem Aufzug gefahren waren, zogen wir es vor, zu Fuß Richtung Treffpunkt zu gehen und unterwegs eine Pasteis de Bacalhau – eine portugiesiche Stockfisch-Pastete auf die Hand mitzunehmen. Stockfisch und Kartoffelpüree als Nocken geformt in Öl ausgebacken – sie schmecken uns warm und kalt.

Die Besichtigung des Hieronymus-Klosters auf Portugiesisch: „Mosteiro dos Jeronimos“, seit 1982 UNESCO-Weltkulturerbe hat uns super gefallen. Das Kloster ist nicht mehr als solches aktiv, aber man kann die Spiritualität immer noch spüren. Kunstvolle Architektur, Fliesen die Geschichten erzählen, eine beeindruckende Kirche – ein Besuch lohnt sich und man kann verstehen, warum es selbst um diese frühe Jahreszeit schon Wartezeiten beim Einlass gibt.

Wenige Minuten Busfahrt brachten uns zum Torre de Sao Vicente im Stadtteil Belem. Der Turm wurde zur gleichen Zeit erbaut wie das Hieronymus-Kloster, stand aber zum Zeitpunkt seiner Erbauung mitten in der Tejo-Mündung. Heute liegt er am Ufer des Tejo.

Ein Espresso am Wasser, gemütliches Gemurmel einiger Touristen, aus der Ferne der Klang einer Geige … ein schönes Plätzchen zum Entspannen.

Ein weiterer Stopp am Seefahrerdenkmal rundete den Tag ab. Der 52 Meter hohe Bau wurde 1960, 500 Jahre nach dem Tod von Heinrich dem Seefahrer zu dessen Ehre und zu Ehren vieler Seefahrer, die Portugal den Handel mit Europa ermöglichten, errichtet. Sehenswert ist auch das große Windrosen-Mosaik auf dem Boden vor dem Denkmal. Es zeigt unter anderem eine Weltkarte, auf der die Orte und Routen portugiesischer Seereisen und Entdeckungsrouten zu sehen sind.

Voller Eindrücke freuten wir uns auf die relativ frühe Heimkehr ins Hotel und überlegten, ob wir uns eine Runde Sauna vor dem Abendessen gönnen sollten. Zeit genug war – theoretisch – denn beim Durchzählen vor der Abfahrt fehlte ein Mitreisender. Teresa telefonierte mit allen möglichen Stellen, wir fuhren zwischen den verschiedenen Treffpunkten hin und her – vielleicht hatte er ja etwas missverstanden. Irgendwann tauchte er auf. Mit einem fröhlichen „Tschuldigung“ war für ihn die Sache abgehakt. Leider habe ich Kommentare aufgeschnappt, die in die Richtung „die Gruppe solle sich nicht so anstellen“ gingen. Solche Menschen eignen sich wirklich nicht für eine Reise in einer Reisegruppe!!

Nach einem wieder sehr vorzüglichen Abendessen (leider ohne vorherigen Saunagang) verzogen wir uns auf die Zimmer um früh schlafen zu gehen.

Die Geschichte Portugals begegnete uns immer wieder und ich muss gestehen, dass ich mir nicht merken konnte, wann welcher König welche Kirche oder welches Kloster erbaut hat und deshalb ein Denkmal bekam. Während der Erzählungen von Teresa war es sehr interessant, aber die Fülle der Informationen war letztendlich zu einem Brei in meiner Erinnerung geworden. Da ich den Anspruch an mich habe, dem Leser auch ein wenig dieser Informationen weiter zu geben, bediente ich mich des Internets und will an dieser Stelle in einfacher Kurzform die Geschichte darstellen.

  • Portugal wurde im 12. Jahrhundert als unabhängiges Königreich gegründet.
  • Im 15. Jahrhundert führte Portugal unter der Führung von Heinrich dem Seefahrer zahlreiche Entdeckungsreisen durch, die zur Entdeckung neuer Gebiete und zur Gründung von Kolonien in Übersee führten.
  • Im 16. Jahrhundert wurde Portugal eine bedeutende Seemacht und kontrollierte ein weltweites Imperium, das von Brasilien bis nach Indien und China reichte.
  • In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durchlief Portugal eine turbulente Phase mit politischen Unruhen, Diktatur und Revolutionen. Nach1974 verlor Portugal den Rest seiner Kolonien.
  • Seit dem Ende der Diktatur in den 1970er Jahren hat sich Portugal zu einer stabilen Demokratie und einer aufstrebenden Wirtschaft entwickelt.
  • Heute ist Portugal ein Mitglied der Europäischen Union mit interessanter Kultur und Geschichte.

Portugal hatte im Laufe seiner Geschichte viele Könige. Hier sind einige der bekanntesten Könige und ihre wichtigsten Leistungen:

  • König Dom Afonso Henriques: Er war Portugals erster König und gründete das Königreich Portugal im Jahr 1139. Er führte auch erfolgreiche Kämpfe gegen die Mauren, die damals in Portugal lebten.
  • König Dom João II.: Er war ein mächtiger König, der im 15. Jahrhundert regierte. Er förderte die Entdeckungsreisen und die Gründung von Kolonien in Übersee (zu dieser Zeit spricht man allerdings noch nicht von Kolonien…). Er war auch dafür bekannt, dass er seine Feinde schnell und unerbittlich bestrafte.
  • König Dom Manuel I.: Er regierte im 16. Jahrhundert und war während seiner Amtszeit ein großer Unterstützer der Entdeckungsreisen. Unter seiner Herrschaft wurde der berühmte Seefahrer Vasco da Gama zum ersten Europäer, der von Europa nach Indien segelte.
  • König Dom João V.: Er war ein mächtiger König im 18. Jahrhundert und regierte während einer Zeit des Wohlstands und der kulturellen Blüte in Portugal. Er förderte den Bau von prächtigen Palästen, Klöstern und Kirchen und unterstützte auch die Künste.
  • König Dom Pedro IV.: Nach der französischen Invasion Anfang des 19. Jahrhunderts und als sein Vater, König Portugals zurück kehrte, kämpfte er für die Unabhängigkeit Brasiliens und wurde Brasiliens 1. Kaiser. Nach dem Tod des Vaters in Portugal wurde er König Pedro IV. Als Liberaler und nach seinem Sieg über die Absolutisten gab er den Thron Portugals an seine Tochter Maria. Sie wurde Königin Maria II.

Am dritten Tag fuhren wir wieder durch den Berufsverkehr Richtung Lissabon, allerdings dieses Mal über die Vasco da Gama-Brücke, die mit 17,2 km eine der längsten Brücken Europas ist. Den Blick auf die Brücke bzw. zurück auf Lissabon fand ich sehr eindrücklich. Es war gerade Ebbe und wir konnten die Sandbänke erkennen. Bestimmt ist Schifffahrt auf dem Tejo nicht ganz einfach.

Der erste Halt war in Azeitao in einer kleinen Keramikmanufaktur. Auf sehr anschaulicher Weise zeigte uns der Inhaber die verschiedenen Arbeitsgänge, die nötig sind, bis eine kunstvolle Fliese entsteht. Über mehrere Trocknungsvorgänge schrumpft das Naturprodukt kontrolliert auf die gewünschte Größe. Die typischen Azulejos, was etwa „kleiner polierter Stein“ bedeutet, sind in Blautönen gehalten. Manches Mal sieht man auch gelbe oder grüne Bestandteile und kann Rückschlüsse auf das Jahrhundert der Herstellung schließen: blau-weiß-gelb = 17. Jahrhundert, blau-weiß = Anfang 18. Jahrhundert. Ein Highlight war natürlich, dass wir selbst Azulejos bemalen durften. Es gab verschiedene Motive zur Auswahl und wir bekamen eine ausführliche Anleitung – übrigens schon im Vorfeld im Bus von Teresa, somit waren wir bestens vorbereitet. Meine künstlerische Begabung liegt jetzt nicht wirklich im Malen. Trotzdem freue ich mich an meiner Fliese und verbinde eine sehr schöne Erinnerung damit. Fertig gebrannt bekamen wir sie am letzten Tag unserer Reise überreicht.

Der lt. Programm geplante Besuch bei der Cristo-Rei-Statue konnte leider nicht stattfinden. Wegen Bauarbeiten ist sie derzeit nicht erreichbar. Als Ersatz machten wir einen schönen Ausflug nach Cascais, einer Küstenstadt westlich von Lissabon. Cascais ist bekannt für seine schönen Strände und den Jachthafen. Mehrere bekannte Kirchen und Paläste mit wunderschönen Azulejos geben dem Ort ein schönes Flair. Wir genossen eine ausgedehnte Mittagspause mit Zeit zum Bummeln durch die Gassen.

Über die Strandstraße fuhren wir weiter nach Sintra, einem kleinen Städtlein in den Bergen. Größter Anziehungspunkt ist der Königspalast Palácio National de Sintra. Prächtige Holzdecken und wunderschöne Wandverkleidungen mit den Azulejos ließen uns den Reichtum der damaligen Zeit erahnen. Die Kegelschornsteine der großen Küche fallen schon von weitem auf.

Beim Besuch des Palastes fiel mir auf, dass wir doch einige Personen mit Handicap, sprich mit einem oder 2 Stöcken/Gehhilfen in der Gruppe hatten. Die Begehung des Palastes war mit sehr vielen Treppen, unebenen Stufen und Wegen verbunden. Nie hatte ich den Eindruck, dass jemand Rücksicht eingefordert hat. Ich ziehe meinen Hut vor so viel Mut und Disziplin!

Müde und zufrieden kamen wir am frühen Abend ins Hotel nach Ericeira zurück und genossen noch einige Augenblicke die herrliche Brandung – nur mit Augen und Ohren– damit keine Missverständnisse aufkommen *lach. Das Hotel liegt direkt am Meer und man kann sich der grandiosen Naturgewalt nur schwer entziehen. Nach dem Abendessen bereiteten wir unsere Koffer für die Weiterfahrt am nächsten Morgen vor und sanken müde in die Kissen.

Der vierte Tag begann ein wenig früher. Schon um 7.15 Uhr sollten wir unser Gepäck zum Bus bringen, damit wir pünktlich um 7.30 Uhr abfahren konnten. Auf der Fahrt zu unserem ersten Stopp in Nazare hörten wir von Teresa viel über Könige, ihre Kinder und die danach benannten Schlösser und Klöster. Es war sehr interessant zu hören – für mich allerdings nicht zu behalten. Ich habe Probleme, im näheren persönlichen Umfeld verwandtschaftliche Bande zu verstehen.

Vieles behalten kann ich allerdings, wenn es um das Thema Essen geht. So haben verschiedene Klöster ihre Geheimrezepturen zu bestimmten Backwaren. Deshalb gibt es in vielen Städten leckere Gebäcke, die es nur dort gibt. Wir wurden von Teresa darauf aufmerksam gemacht und konnten vieles probieren. Ich muss nicht betonen, dass ich alle, die ich versuchen konnte, sehr lecker fand!

Auch der soziale Aspekt des Klosterlebens hat mich beeindruckt. So konnten sich z. B. Witwen in Klöstern einkaufen und dort in Ruhe ihren Lebensabend verbringen. Zu Kriegszeiten nahmen Klöster Mädchen auf, um sie vor den Kriegsgeschehen zu schützen.

So manche Geschichte über Orte und ihre Namen wurde uns von Teresa nahe gebracht und machten die Fahrt kurzweilig.

In Nazare machten wir Pause und ließen die Landschaft auf uns wirken: ein wunderschöner, weitläufiger Sandstrand der auf einer Seite von einer über 100 Meter hohen Landzunge begrenzt wird. Die meisten Einwohner leben mittlerweile in der Strandregion. Früher war das unklug, denn der Atlantik barg viele Gefahren – nicht nur riesige Wellen, sondern auch Piraten, die leichten Zugang zur Bevölkerung gehabt hätten. Deshalb lebte man früher auf der Anhöhe. Wenn die Stürme und Wetter das Meer heute aufwühlen, verbarrikadieren die Einwohner ihre Häuser mit Brettern. Durch die Möglichkeiten der Technik kann man schon früh gefährliche Wetter erkennen. Nazare zählt zu einer sehr beliebten Urlaubsregion – auch für die Portugiesen. Die Anhöhe ist mit der Strandregion durch eine Bahn verbunden und die Strandpromenade lädt ein zu bummeln und zu genießen.

Auf der einen Seite bedrohliche Naturgewalt und auf der anderen Seite zieht genau diese Situation viele Surfer aus aller Welt an. Zwischen November und Februar gibt es die höchsten Wellen und zieht die Big Wave Surfer*innen von überall nach Nazare. Mit fast 30 Metern wurde die größte Monsterwelle gemessen. Im Februar finden die Weltmeisterschaften statt. Ich habe mir im Internet ein paar Videos angeschaut und bin im Nachgang noch sehr froh, dass sich während unseres Besuches das Meer friedlich präsentierte. Unter Stichwort: „Nazare, Monsterwellen“ kannst du es bei Google anschauen.

Der nächste Halt war in Alcobaca, wo wir das Kloster Mosteiro de Alcobaca besuchten, welches seit 1989 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Es handelt sich um ein ehemaliges Zisterzienserkloster und gehört zu den größten, ältesten und berühmtesten Klöstern des Landes. Gefühlt mitten in der Stadt liegend prägt es diese sehr. Über 250.000 Besucher pro Jahr zeugen von der magischen Anziehungskraft. Eine Klosterbäckerei präsentierte die dortigen Spezialitäten, die so kunstvoll aussahen, dass man sie nur mit Ehrfurcht essen konnte.

Weiter ging es nach Coimbra, einer Universitätsstadt mit besonderem Flair. Rund 30.000 Studenten stillen hier ihren Wissensdurst. Die verschiedenen Studiengänge erkennt man an der Farbe der Kleidung. Die Besichtigung der Universität war ausgiebig möglich, da am Samstag keine Vorlesungen stattfanden. Die Atmosphäre von viel Geschichte und viel Wissen ließ uns ehrfurchtvoll durch die Gänge schreiten. Da die Universität in der Oberstadt liegt, hatten wir einen herrlichen Blick über die Stadt bis ins Umland hinein.

Am Rande bekamen wir einen Brauch mit, bei dem die ersten Semester eine Aufnahmeprüfung bestehen sollten. Wenn ich es richtig interpretiere, sollten die jungen Burschen in Unterhosen eine öffentliche Treppe hinunter gehen – eigentlich ziemlich harmlos und es sah aus, als hätten sie viel Spaß miteinander. Wenn man im Internet recherchiert, ist diese Universität dafür bekannt, viele studentische Traditionen zu pflegen.

In der Mittagspause schlenderten wir durch die Fußgängerzone Coimbra´s. Eine Mitreisende hatte leckeren Frischkäse entdeckt und den ließen wir uns mit einem Brötchen auf einer Parkbank schmecken. So hatten wir etwas mehr Zeit, die Stadt auf uns wirken zu lassen und natürlich die dortigen süßen Leckereien zu probieren.

Ganz anders geartet war unser nächstes Ziel. Aveiro liegt an einer Lagune mit Kanälen, die man mit farbenfrohen Booten befahren kann. Früher wurden diese zur Seetang-Ernte genutzt. Man nennt Aveiro auch das Venedig Portugals. Heute ist Salzgewinnung ein Standbein der Wirtschaft. Schöne Fliesenbilder an den Häusern erzählen Geschichten von früheren Zeiten. Eine süße Köstlichkeit ist hier ein mit einer Eigelbcreme gefülltes Blätterteigtörtchen. Die Eigelbcreme wird mit Wasser und Zucker gekocht. Super lecker und sehr hübsch anzusehen. Die Tradition stammt aus alter Klosterzeit und erfreut heute noch die Sinne. Die übrig gebliebenen Eiweiße wurden zum Stärken beim Bügeln benötigt – vermutlich war es umgekehrt, dass die Eigelbe übrig blieben und verwendet wurden.

Die nächsten beiden Nächte verbrachten wir in einem Hotel in Porto, ein Hochhaus mit 19 Stockwerken. Als wir uns für das Abendessen frisch machten, ertönte ein Feueralarmsignal. Aus vielen Türen schauten Hotelgäste auf den Flur heraus. Aus unserer Reisegruppe waren mehrere Zimmer in diesem Stockwerk belegt. Wir beratschlagten, was klugerweise zu tun ist, denn die Aufzüge funktionierten nicht mehr und telefonisch konnte man die Rezeption nicht erreichen. Wir waren in der 6. Etage untergebracht und entschieden uns, über den Notausgang nach unten zu gehen. Also schnappten wir uns Papiere, Handy und Jacke und liefen hinunter. Dort bekamen wir die Auskunft, dass eine Störung im Wellnessbereich den Feueralarm ausgelöst hätte und bereits alles wieder in Ordnung sei. Hoch konnten wir dann mit dem Aufzug fahren. Ich fand es eine interessante Erfahrung, denn so mancher Gast ließ sich von dem Alarm nicht irritieren. Beim Abendessen am 2. Abend in diesem Hotel war die gleiche Situation wieder. Wir waren allerdings schon beim Essen und ließen uns von der Gelassenheit des Personals anstecken. Wenn es einmal einen echten Notfall gibt, dann bricht Panik aus – weil mancher es aussitzt bis zum Schluss…

Am fünften Tag, einem Sonntag war es möglich, sich aus dem Vormittagsprogramm der Reisegruppe auszuklinken. Diese Möglichkeit nahmen wir gerne wahr. Gegen Mittag machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt. Leider war das Wetter an diesem Tag ziemlich nass und ungemütlich. Trotzdem hatten wir schöne Einblicke in das sonntägliche Porto als wir durch die schmalen Gassen Richtung Hafen gingen.

Am Nachmittag sollte eine Schifffahrt auf dem Duoro stattfinden. Darauf freute ich mich sehr, hatte aufgrund des Wetters aber gemischte Gefühle. Ich mache es kurz: wir waren froh, als die Fahrt vorbei war *lach. Gegen den Regen waren wir durch eine Plane geschützt, gegen den Wind schützten wir uns mit unseren Regenschirmen. Meinen Schirm habe ich übrigens in Porto am Hafen gekauft *lach – eine Erinnerung. Gottseidank waren wir eine kleine Gruppe, die viel Spaß hatte und die Situation mit Humor meisterte. Wenn ich heute daran zurück denke, sehe ich uns noch auf der Bank sitzen, offene Schirme so sortieren, dass uns wenig Wind erwischt und lachen.

Von den 6 berühmten Brücken und der herrlichen Landschaft links und rechts des Flusses haben wir nicht viel gesehen und es hat uns in diesem Moment auch nicht wirklich interessiert. Es muss ja Gründe geben, nochmal nach Porto zu fahren…

Passend zum Wetter hatten wir zum Abschluss der Douro-Schifffahrt einen Termin in einer Portweinkellerei mit Verkostung. Dort konnten wir uns wieder aufwärmen – innerlich und äußerlich.

Über Portwein und seine Herstellung hatte uns Teresa schon einiges erzählt. Vor Ort Einblick zu bekommen war sehr interessant. Ganz einfach zusammen gefasst ist Portwein ein Weinverschnitt aus jungen und älteren Weinen und hat 19-21 % Alkohol. Die Lagerung hat großen Einfluss auf den Geschmack. In 20.000-Liter-Fässern hat der Wein wenig Kontakt mit dem Holz, der Geschmack ist neutral und die Farbe rubinrot. In 600-Liter-Fässern, wird der Geschmack des Holzes intensiver und die Farbe wird bernsteinfarbig. Seit etwa dem 17. Jahrhundert wird Portwein hergestellt, indem nach Lese und Pressung der Gärprozess mit 80 %igem Brandwein unterbrochen wird. Dadurch bleibt der Zucker im Wein. Die Süße des Endproduktes kann mit der Länge der Gärung gesteuert werden. Ein Portwein-Institut macht Qualitätskontrollen und dokumentiert diese mit Stempeln auf der Flasche. Die beste Qualität ist „vintage“. Dieser Wein hat 10-12 Jahre Lagerung hinter sich. Es empfiehlt sich, diesen zu dekantieren, da sich Satz bildet. Wenn eine Flasche Portwein vintage geöffnet wird, sollte sie innerhalb 24 / 48 Stunden getrunken werden, da der Wein sonst oxidiert. Er eignet sich deshalb für besondere Anlässe. Der Portwein für „normale Gelegenheiten“ ist der LBV = LateBottleVintage.

Der sechsteTag begann regnerisch. Im Bus erzählte uns Teresa viel Interessantes über Portugal, die gesellschaftlichen Strukturen und Sozialabgaben. Das Durchschnitts-Einkommen liegt bei ca. 700 €/Monat. Darüber kann sich jeder selbst seine Gedanken machen. Wir waren in Geschäften und in der Gastronomie und die Preise sind etwas günstiger als bei uns – allerdings bei weitem nicht in diesem Verhältnis…

Als wir an unserem ersten Ziel, in Batalha ankamen, war es wieder trocken und wir konnten das berühmte Dominikaner-Kloster Mosteiro de Santa Maria da Vitoria innen und außen bewundern. Das Kloster ist UNESCO-Weltkulturerbe und wurde im 14. Jahrhundert aufgrund eines Gelübdes zum Dank für den Sieg Portugals über Kastilien errichtet. Über viele Jahrhunderte wurde daran gebaut und es ist bis heute nicht fertig. Was nicht fertig sein soll, hat sich meinem Auge allerdings verschlossen.

06.03.2023 Batalha Kloster
Dominikaner-Kloster Mosteiro de Santa Maria da Vitoria

Fatima war unsere nächste Station. Wir hatten genügend Zeit, diese wichtigste Pilgerstätte Portugals auf uns wirken zu lassen. Der große Platz vor der Kirche war gottseidank nicht so sehr mit Menschen gefüllt, wie man das manches Mal schon auf Fotos gesehen hat. Die Frage, ob wir Menschen gesehen haben, die auf Knien die letzten Meter zur Kirche gerutscht sind, wurde uns schon öfters gestellt: Nein, haben wir nicht gesehen. Wir konnten eine große Spiritualität wahrnehmen und waren beeindruckt wie auch junge Gläubige sehr andächtig waren. Es fällt mir schwer, diese spirituellen Momente in Worte zu fassen, was mir wieder einmal bestätigt: man kann viel lesen und erzählt bekommen – was man selbst erlebt ist etwas anderes. In der Ortschaft Fatima holt einen der touristische Kommerz schnell wieder ein. Madonnenfiguren in allen Farben und Formen werden zum Verkauf angeboten. Das sind bestimmt für die Käufer kostbare Erinnerungen an ihre Pilgertour.

Unser Weg führte uns in der Mitte des Landes vom Norden so langsam Richtung Süden. Sehr verblüfft war ich als ich an den Ufern des Tejo Reisfelder sah. Die hätte ich in Portugal wirklich nicht erwartet. Im Landesinneren sind im Sommer um die 40 Grad. Trotzdem lohnt sich in unmittelbarer Nähe zum Tejo der Anbau.

Das oberflächliche Laienauge sieht auf der Fahrt durch Portugal manches Mal Viadukte in der Nähe von historischen Städten. Teresa klärte uns auf: das sind Wasserleitungen, sogenannte Aqädukte. König Joao V. legte 1799 fest, dass Wasserleitungen auch kunstvolle Bauwerke sein könnten. Zum Teil kann man sie besichtigen.

Wasserleitungen
Äquadukt

Des Öfteren waren auch Störche die Hingucker. Auf Überlandstrom-masten oder auf Baumplantagen waren oft viele Nester zu sehen. Wir erfuhren, dass ältere Störche nicht mehr den Weg nach Afrika auf sich nehmen und in Portugal bleiben. Die Jungen fliegen noch dort hin. Wenn sie zurückkommen, müssen sie sich ein eigenes Nest bauen. Störche leben übrigens monogam.

Auf den Besuch in einer Korkeichenfabrik in Azaruja, in der Nähe von Evola freute ich mich schon im Vorfeld sehr und wurde nicht enttäuscht. Mein Staunen über dieses kostbare Naturprodukt ist noch größer geworden. Eine Korkeiche muss 25 Jahre lang wachsen. Dann wird sie zum ersten Mal geschält mit einer ganz bestimmten Technik und sehr vorsichtig, denn wenn man den Baum verletzt, stirbt er. Nach diesen ersten 25 Jahren wird der Baum alle 9 Jahre geschält. Wenn man durch die Lande fährt, sieht man große weiße Zahlen auf den Bäumen. Diese sagen aus, wann der Baum das letzte Mal geschält wurde. Eine 2 steht z. B. für 2022. Die Schälung darf nur von Mai bis August durchgeführt werden. Danach kann der Baum durch die Hitze Schaden nehmen. Der geschälte Kork wird 1 Stunde lang bei über 100 Grad gekocht um Bakterien zu eliminieren. Dann wird er nach Qualität sortiert. Nach 21 Tagen findet der gleiche Prozess von Kochen und Sortieren nochmal statt. Es wird alles verwendet. Minderwertige Ware wird zu Granulat verarbeitet und dämmt gut gegen Feuchtigkeit, Lärm und Temperatur. Im zur Korkeichenfabrik angeschlossenen Geschäft konnten wir bewundern, was man alles aus Kork machen kann.

Die Früchte der Korkeiche sind übrigens normale Eicheln. In Portugal macht man daraus u. a. Eichelmehl für Brot. Eicheln werden auch an bestimmte Schweinerassen verfüttert.

Wenn ich diesen langwierigen Prozess der Korkherstellung betrachte, dann blutet mir noch mehr das Herz, wenn ich im Sommer brennende Berghänge in Portugal sehe. Die Natur hat es so eingerichtet, dass der Baum über die Wurzeln immer wieder austreibt.

Weitere Baumbestände sind Pinienbäume. Mit ihren tiefen Wurzeln verfestigen sie den Sandboden. Pinienkerne dürfen übrigens nur Dezember bis März gesammelt werden, damit sich die Bäume gut entwickeln können. Bei dieser Fahrt, aber auch schon früher fand ich die Pinienwälder immer sehr einladend. Im Sommer im Schatten von Pinienbäumen ein Picknick zu machen stelle ich mir sehr schön vor.

Seit geraumer Zeit vermehren sich auch Eukalyptusbäume in Portugal. Diese wachsen in Monokultur und ihre Samen überleben auch bei Waldbränden ohne Probleme. Sie sind schneller in ihrem Wachstum als andere Pflanzen. Es gibt Stimmen, die behaupten, dass die Industrie mehr Vorteile im Anbau von Eukalyptus sieht, als im Anbau der traditionellen Bepflanzung mit Korkeiche und Pinien. 

Unser Hotel in Evora bot wieder alles, was das Herz begehrte und so konnten wir die Eindrücke des Tages verarbeiten und uns auf die Weiterreise vorbereiten.

Der siebte Tag begann mit mystischem Nebel in Evora, der uns anfangs auf unserem Stadtspaziergang begleitete. Mir hat diese Stimmung gefallen und sie passte auch gut zu den historischen Gebäuden, die wir betrachteten, wie den römischen Tempel von Evora. Die mittelalterliche Kathedrale von Evora ist eines der wichtigsten Denkmäler der Stadt. Mit herrlichem Innenhof und einem gotischen Kreuzgang bleibt sie in meiner Erinnerung. Die Sonne zeigte sich zum Abschied von Evora und so konnten wir fröhlich weiter zu unserem nächsten Ziel fahren.

Ab und zu hörten wir die eine und andere Stimme, die so langsam von Kirchen und Klöster satt waren. Jo, irgendwie konnte ich es verstehen und trotzdem ist jede Geschichte wieder anders und interessant. Außerdem sollte man das Programm für die Reise anschauen – genau so hatten wir es gebucht.

Gebucht hatten wir auch einen Besuch in einer Olivenölmanufaktur. Auf dem Weg dorthin sahen wir große Plantagen mit blühenden Mandelbäumen. Seit etwa 4 Jahren werden Mandelbäume angebaut, sind also ganz neu in Mode. Die Bäume blühen erst und dann kommen die Blätter – das wusste ich auch nicht. In der Pfalz in Deutschland blühen die Mandelbäume erst im Mai, an der Algarve sogar schon im Januar.

Viele Landgüter haben eine Olivenmanufaktur und gleichzeitig auch eine Weinmanufaktur. So können die Mitarbeiter das ganze Jahr beschäftigt werden.

6-7 kg Oliven ergeben etwa einen Liter Olivenöl. Nicht filtriertes Olivenöl ist intensiv grün und hat ca. 0,2 % Säure. Oliven werden von November bis Januar gelesen. Grüne Oliven sind nicht reif. Reife Oliven sind schwarz und schmecken bitter, würde man sie direkt vom Baum essen wollen. Deshalb werden sie in Wasser und Salz eingelegt.

Geerntet wird traditionell indem man Tücher unter die Bäume legt und den Baum schüttelt oder die Äste schlägt. Die herunter gefallenen Oliven können so sauber gelesen werden.

Wenn man in größerem Stil Oliven anbaut, pflanzt man die Bäume enger zusammen. Ähnlich wie im Weinanbau kann man dann die Oliven mit Maschinen ernten, indem man mit einem kleinen Traktor durch die Reihen fährt und die Oliven ansaugen lässt. Wenn die Olive keinen Kontakt mit dem Boden hat, wird eine Verunreinigung durch Erde vermieden, was eine bessere Qualität zur Folge hat. Die Oliven werden gewaschen, die Blätter entfernt und kommen dann in eine Mühle. 14.000 kg Oliven kann die Mühle in einer Stunde verarbeiten. Das Öl fließt während dieses Vorgangs schon ab und die erste Pressung ist fertig. Übrig bleiben das Fleisch und die Kerne. Diese bilden eine Paste, die in lauwarmen Wasserbad bewegt wird. Es entsteht die kalte Pressung, die in großen Stahlbehältern aufbewahrt wird.

Die restliche Paste – ohne die kleinen Kerne, die werden herausgesiebt – wird an Firmen verkauft, die sie weiter verarbeiten. Zwei bis dreimal kann noch Olivenöl herausgeholt werden, das in seiner Qualität aber nicht mehr gut ist. Als Seife, Creme, Futter, Dünger findet bis zum Schluss alles seine Verwendung. Die Kerne werden für die Heizung benutzt.

Tipps für die Aufbewahrung von Olivenöl gab’s vom Chef persönlich: im Kühlschrank flockt gutes Olivenöl aus. In Glasflaschen verändert es seine Farbe, wird gelb und schmeckt schnell ranzig. Also nicht in den Kühlschrank geben und darauf achten, dass die Flaschen aus dunklem Glas sind.

Auf einem Rundgang durch den Garten sahen wir einen Erdbeerbaum. In Portugal wird daraus Schnaps (Medronho) und Likör gemacht. Auch mit dem Verzehr der Früchte sollte man vorsichtig sein, denn sie gären im Magen und man kann davon betrunken werden.

Auch einen Pfefferbaum sahen wir. Interessant, die Pfefferkörner am Baum zu sehen. Wenn man ein Blatt reibt, riecht es wie schwarzer Pfeffer.

Die Verkostung von Olivenöl, Wein und Mandeln war sehr ansprechend gestaltet und wir fuhren fast wie Freunde vom Hofgut weiter.

Gegen 16 Uhr kamen wir an der Algarve in Lagos an und nutzen die Zeit bis zum Abendessen trotz leichtem, aber warmen Regen für einen schönen Strandspaziergang.

07.03.2023 Lagos im Regen

Das Hotel liegt direkt am Strand und ließ wieder keinen Wunsch offen. Ein Teil der Reisegruppe hatte eine Verlängerungswoche gebucht und wir freuten uns mit ihnen, dass sie es so schön hatten und auch die Wetteraussichten perfekt waren.

Bevor es an´s Abschied nehmen ging, verbrachten wir am achten Tag noch ein paar schöne Stunden miteinander. In Sao Goncalo de Lagos bewunderten wir die herrliche Aussicht an einem Aussichtpunkt und konnten einen vorsichtigen Blick auf die unter uns liegenden Grotten werfen. Einige Teilnehmer nutzten die Gelegenheit und gönnten sich am Nachmittag eine Grottenfahrt. Wir erlebten diese schon vor ein paar Jahren und schwärmen immer noch.

08.03.2023 Postkartenmotiv
Postkartenidylle

Wir fuhren an den südwestlichsten Punkt Europas, nach Sagres. Die wilde Natur, die sich den Naturgewalten stellen muss, beeindruckt mich bei jedem Besuch. Die Festung liegt 60/70 Meter über dem Meer und wurde von englischen Piraten zerstört. Die kleine Capela de Nossa Senhora da Graça (Gnaden Kapelle) blieb unversehrt. Der Altar hat wunderschöne Fliesen.

Übrigens war trotz starkem Wind, wie er an dieser Stelle der Welt wohl normal ist, die Temperatur so, dass Kurzarm angesagt war – so schnell kann das gehen *lach.

Die Reise ging weiter zum Cabo de Sao Vicente und wir sahen den lichtstärksten Leuchtturm des europäischen Festlands.

08.03.2023 Sao Vincent Leuchtturm

Auf dem Rückweg machten wir noch eine kleine Stadtführung in Lagos und bekamen von Teresa Informationen über das eine und andere Denkmal sowie Instruktionen, über Busverbindungen, öffentliche Toiletten, und einige praktische Hinweise, die besonders für die Teilnehmer, die eine Verlängerungswoche gebucht hatten, hilfreich waren.

Unser neunter und letzter Tag war wieder ein wenig verregnet. Die Fahrt Richtung Lissabon bzw. Ericeira unterbrachen wir in Monchique zu einem Spaziergang in strömendem Regen. Ich gehörte eigentlich zu der Fraktion, die im Bus bleiben wollte, bin dann aber doch kurzfristig in die Regenjacke gesprungen und habe den Spaziergang mitgemacht. Gottseidank, denn es war richtig interessant und schön. Aus dem Monchique-Gebirge kommen Heilwässer, die in ganz Portugal verkauft werden. Man kann dort auch in Thermalwasser baden. Wir sahen Johannesbrotbäume, Mispelbäume, riesige Flächen mit Kapuzinerkresse, Cistrosen, einen stattlichen Gummibaum und vieles mehr.

09.03.2023 Regenspaziergang Caldes
Es war trotzdem schön!!

Der nächste Stopp in Silves verlief trocken und wir konnten entspannt die Festung besuchen und unsere Mittagspause genießen – mit „draußen essen“ *lach. Wir waren schon öfters in Silves und hatten deshalb nicht den Anspruch vieles anzuschauen.

Am späten Nachmittag kamen wir wieder in Ericeira, unserem ersten Hotel der Rundreise an. Diesmal hatten wir ein Zimmer mit Balkon und Meerblick und wir konnten uns nicht an der Brandung satt sehen. Das Meer hatte sich zum Abschied nochmal richtig ins Zeug gelegt *freu.

Am Morgen der Heimreise klappte auch alles wie am Schnürchen, wir wurden zu ziviler Zeit am Hotel abgeholt. Am Flughafen Lissabon wartete ein netter junger Mann und brachte uns zu unseren Gates. Im Nachgang bekam ich mit, dass bei einem Teil den Teilnehmer der Verlängerungswoche Probleme mit Streiks am Flughafen in Deutschland auftraten und der Reiseveranstalter deshalb kurzerhand den Urlaub um einen Tag verlängerte, damit die Urlauber ohne widrige Umstände nach Hause kamen.

Mein persönliches Fazit ist, dass mir das Inland von Portugal sehr viel mehr gefällt als die Algarve. Ich bin nicht der Mensch, der gerne stundenlang am Strand liegt und ich finde die hübschen kleinen und größeren Städtchen, die wir besuchten sehr ansprechend. Mit dem Wohnmobil hätten wir mehr Zeit …. * lach

Ein herzlicher Dank geht an Teresa, die uns mit viel Begeisterung für Geschichte und Geschichten immer wieder gut unterhielt und informierte und auf alle Belange der Gruppe und Einzelner einging, soweit es möglich war.

Ein herzlicher Gruß geht auch an unsere Mitreisenden. Jeder konnte seinen Urlaub individuell gestalten. Erst an den letzten beiden Tagen sind wir alle – so meine Beobachtung – ein wenig „aufgetaut“ und haben uns ausgetauscht.

Sehr interessant fand ich die Möglichkeit, Einblick zu bekommen, wie es sein kann, wenn man ein halbes Doppelzimmer bucht – bei den einen sehr positiv und bei anderen sehr negativ. Ich habe des Öfteren schon die Angebote gelesen und mich gefragt, wie so etwas abläuft. Mit gutem Willen und Rücksichtnahme von beiden Seiten kann das offensichtlich gut funktionieren.

Als abschließenden Kommentar kann ich diese Reise uneingeschränkt weiterempfehlen!

Die nächste Reise steht in den Startlöchern. Als nächstes wollen wir wieder mit dem Wohnmobil schöne Erfahrungen an Orten machen, die wir noch nicht kennen… wir sind gespannt und du kannst es auch sein *lach

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2022 – Das kann man nicht buchen – Istanbul einmal ganz anders

Im Mai 2021 flatterte ein Prospekt ins Haus mit einem Reisevorschlag nach Istanbul, Dubai und Abu Dhabi, der uns sofort begeisterte. Tolles Rahmenprogramm mit Besichtigung vieler Sehenswürdigkeiten, einem Ausflug in die Wüste und einem Abendessen auf einem Schiff vor der Kulisse Dubais. Ich war sofort hin und weg.

Corona war immer noch ein großes Thema, aber optimistisch wie ich bin, war ich mir sicher, dass dieses Thema immer kleiner wird und man ganz bestimmt wieder problemlos Urlaub buchen und genießen kann. Eine kleine Beruhigung war die Tatsache, dass wir in 2020 eine Barcelona-Busreise über den gleichen Reiseveranstalter gebucht hatten, die pandemiebedingt abgesagt werden musste. Unser Geld (wir hatten bereits den vollen Betrag bezahlt) bekamen wir ohne Probleme wieder zurück.

Die mentale Vorbereitung war dann doch eine Herausforderung, denn Corona war treuer als uns lieb ist. Täglich änderten sich die Regeln und wir waren auch darauf gefasst, dass die Reise abgesagt werden muss.

Letzte Informationen ergaben, dass wir mit einem negativen PCR-Test reisen können, geimpft und geboostert – versteht sich von selbst – und den Test selbst bezahlt natürlich auch. Wir mieden Kontakte noch mehr und hielten die Luft an, als die „Positiv-Meldungen“ von Kindern, Enkeln und dem einen und anderen Bekannten sich häuften.

Dienstag, der 15.02.2022 war endlich der finale Testtag und wir waren sehr froh, dass dieser PCR-Test negativ war. Nun stand einer Winterflucht und einem Ausflug in eine ganz andere Welt nichts mehr im Wege.

Donnerstag 17.02.2022

Am Reisetag waren heftige Sturmtiefs in Deutschland unterwegs. Auf dem Weg zum Flughafen hörten wir im Autoradio, dass von Stuttgart aus alle Flüge starten können. Gut!

Auf der Anzeigetafel im Flughafen sahen wir schon: Flüge nach Hamburg waren gecancelt… oje, blöd für alle Betroffenen.

Beim Einchecken ging alles zügig voran und wir schüttelten mal wieder den Kopf über die sich ständig ändernden Corona-Regeln: den PCR-Test hätten wir gar nicht mehr gebraucht….

Der Flug war recht holprig, aber wenn es weiter nichts ist, wollen wir nicht klagen. Am Flughafen in Istanbul bekamen wir die Nachricht, dass Flüge mit Gruppenteilnehmern aus Berlin und München erst spät am Abend bzw. in der Nacht ankommen und unser Programm sich an diesem Tag deshalb ändert. Für uns war es etwas dadurch entspannter. Wir aßen mit den Teilnehmern aus Düsseldorf, Köln, Frankfurt gemeinsam zu Abend, lernten uns schon etwas kennen und kamen früh ins Bett.

Die Berliner Teilnehmer erreichten um 23 Uhr in der Nacht das Hotel und die Münchner um 1.30 Uhr erfuhren wir am anderen Morgen.

Freitag 18.02.2022

Nach dem Frühstück sind wir als komplette Gruppe von 16 Personen in einen interessanten Tag gestartet: Besichtigung des Topkapi-Sultanspalast, historische Wasserzisternen mit beeindruckender Video-Animation und einem Besuch des großen Bazars.

Um 16.30 Uhr wurden alle Teilnehmer im Hotel PCR getestet. Das war für die Einreise nach Dubai am kommenden Abend nötig. Abends erlebten wir eine Dinner-Cruise auf dem Bosporus mit Folklore Darbietungen. On Top hatten wir noch eine Vollmondnacht und die Bilder mit dem vollen Mond über der Bosporus Brücke waren und sind es heute noch sehr beeindruckend. Voller Vorfreude auf einen weiteren interessanten Tag in Istanbul und dann auf Dubai gingen wir abends schlafen.

Samstag 19.02.2022

Nach dem Frühstück wurden die PCR-Ergebnisse verteilt… 3 Frauen waren leider positiv – darunter auch ich. Eine hatte eine leichte Erkältung, ich und die andere nichts.

Nun mussten rasch Entscheidungen gefällt werden: wollen die Männer nach Dubai weiterreisen? Puh, offensichtlich sind unsere Beziehungen ok – nein, sie wollten bei uns bleiben.

Wollen wir in ein Krankenhaus oder im Hotel bleiben? Auch diese Entscheidung fiel uns leicht: wir fühlen uns gut und bleiben im Hotel. Die Reiseleiterin sagte zu, sich wieder zu melden und musste sich der Gruppe und den geplanten Tageszielen zuwenden. Wir Frauen schickten unsere Männer noch auf den Ausflug mit. Bis auf einen haben sie dieses Angebot angenommen. Wie sie später berichteten, konnten sie den Ausflug natürlich nicht genießen. Aber wenigstens waren sie etwas abgelenkt.

Das Hotel stellte im Erdgeschoß, am äußersten Ende des Hotels und des Flures 3 Doppelzimmer als Quarantänestation zur Verfügung. Das Hotel ist ein 5*Haus und die Zimmer sind geräumig, schön und sehr sauber. Auch das Essen war lecker. Nachteil war, dass unser Zimmer in einer schmalen Gasse lag und auf der anderen Straßenseite wieder mehrstöckige Häuser standen. Dadurch kam nur wenig Tageslicht in die Zimmer. Normalerweise ist man nur zum Schlafen im Zimmer, aber in unserem Fall hätten wir schon gerne etwas Himmel gesehen.

Wir räumten unsere Zimmer ein und trafen uns immer wieder auf dem Hotelflur getroffen um uns gegenseitig Mut zusprechen.

Sonntag 20.02.2022

Tag zwei der Quarantäne beginnt oder schon der Dritte? Die Informationen die uns erreichen über Quarantäneregeln in der Türkei waren widersprüchlich. Das einzige, was bisher sicher schien war, dass man mit positivem Test sieben Tage in Quarantäne muss und sich ab dem 5. Tag frei testen kann. Allerdings muss man trotzdem die sieben Tage in der Türkei bleiben.

Wir Frauen saßen viel auf dem Hotelflur und richteten uns dort „wohnlich“ ein. Wir, das sind Margit (mit Volkmar) aus der Gegend um Berlin, Marianne (mit Sepp) aus der Gegend um Cham und Monika (mit Helmut) aus der Nähe von Karlsruhe.

Die Männer machten immer wieder mal einen Erkundungsmarsch und wir spielten Rommee und erzählten uns aus unseren Leben. Schon nach dieser kurzen Zeit waren wir uns recht vertraut. Abends bestellten wir Essen im Hotel und holten es vor der Zimmertüre ab – das war gewöhnungsbedürftig aber es gibt Schlimmeres. Anschließend saßen wir wieder im Hotelflur und erzählten uns Geschichten und desinfizierten mit Blutwurz unseren Rachen. Wieder ein gutes Team: jeder hatte etwas von Deutschland dabei: Halstabletten, Taschenmesser, Blutwurz usw. „Wir machen das Beste draus“, das war immer wieder unsere Parole.

Montag 21.02.2022

Tag 4 der Quarantäne zeigte, dass die Unsicherheit in der Situation doch an allen Nerven zerrte. Wie sind die Regeln? Wie verhalten wir uns korrekt im Hotel. Über unsere Reiseleiterin bekamen wir immer wieder Informationen, die wir nicht verstanden. Bisher gingen die Männer immer an die Rezeption und bestellten z. B. Essen für uns, das uns dann vor die Zimmertüre gestellt wurde. Das soll nur noch telefonisch geschehen und die Männer sollen sich, außer zum Frühstück nicht im Hotel blicken lassen.

Wir versuchten Verständnis für die Situation des Hotels zu finden: sie wollen den frechen Virus nicht im Haus haben und wissen nicht, wen sie mit uns im Haus haben und wer irgendwelche Kosten übernimmt.

Unser Essen kam auf Plastik mit Plastikbesteck in Unmengen Alufolie eingepackt. Auf Room Service warteten wir gar nicht erst.

Marianne hatte ein längeres Telefonat mit der Reiseleiterin und wir bekamen die frohe Kunde, dass wir durch einen Hintereingang in den Hotelgarten dürfen und Teller, Besteck und Gläser gebracht bekommen. Dies haben wir täglich selbst gespült. So mußten wir wenigstens unser Obst nicht über dem Waschbecken essen und konnten ein bisschen Esskultur genießen.

wichtige Utensilien
wichtige Utensilien

Helmut und Sepp waren auf dem Markt und versorgten uns mit Obst, Tomaten, leckerem Käse usw. Auch Spüllappen haben sie gefunden! Die Spaziergänge im Hotelgarten waren eine willkommene Abwechslung. Tageslicht zu sehen und frische Luft zu atmen: welche Wohltat!! Sonderbar war es trotzdem. Wir wurden vom Wachmann des Hotels beobachtet, vermutlich um zu sehen, ob wir uns auch an die Regeln halten. Das taten wir natürlich vorbildlich!!! Der Gedanke, dass wir gar nicht mehr raus dürften, bei Missachtung der Regeln, war uns ein Graus.

So langsam wurden unsere Köpfe etwas klarer und wir stellten uns natürlich die Frage, welche Kosten kommen auf uns zu, welche Versicherung tritt ein usw. Wir besprachen auch hier einen gemeinsamen Weg, der alle Aktivitäten auf zu Hause verschob. Dort wollen wir Informationen sammeln und dann weiter entscheiden. Erst mal aus dieser Situation heraus kommen. Helmut hatte die Deutsche Botschaft angeschrieben mit der Bitte, uns über die aktuellen Bestimmungen zu informieren. Hoffentlich kommt niemand wirklich in Not, denn die Deutsche Botschaft hat nie geantwortet. (Nachtrag: als wir zu Hause waren antwortete die Deutsche Botschaft und entschuldigte sich: sie sind/waren Corona bedingt personell unterbesetzt…. na sowas).

Der Reiseveranstalter meldete sich. Frau H. ist sehr nett, hörte sich unsere Sorgen an und sagte zu, sich intensiv um uns zu kümmern.. Die Bitte, doch jeden Tag kurz durchzurufen, verstand sie und verspach, das auch zu tun.

Eine besondere Art von Humor stellte sich ein: Galgenhumor. Wir machten „Frühsport“ auf unserem ca. 5 m langen Hotelgang. Die Reaktionen auf den WhatsApp-Status mit diesem Video waren groß und viele Mutmachkommentare erreichten uns.

Das Wetter hatte sich unserer Situation angepasst: es war kalt und regnete in Strömen. Man bedenke, dass wir 2 Tage Türkei und 8 Tage Dubai gebucht hatten. Entsprechend sah die Kleidung in unseren Koffern aus. Unterhosen haben gereicht, der Rest war knapp und wir haben immer wieder mal was durchgewaschen. Ich vermisste sehr meine Wärmflasche und eine warme Jacke. Im Hotelflur saßen wir meistens im Anorak. Ja, die Heizung hat super funktioniert: eine Klimaanlage die warme Luft bläst und das 24 Stunden am Tag war nicht sehr angenehm. Wenn man sie niedriger eingestellt hatte, war es gleich zu kalt und fußkalt war es sowieso. Also legten wir uns ab und zu aufs Bett und wärmten die Füße unter der Decke.

Wenn die Männer in Istanbul unterwegs waren, kam Helmut meist mit nassen Füßen ins Hotel zurück. Dubai-Schuhe taugen nichts für Istanbuls nassen Vorfrühling. Er fand eine Stelle im Zimmer, an der das Gebläse der Heizung besonders gut ankam und trocknete dort über Nacht seine Schuhe. Es hat funktioniert und zeigt wieder einmal, dass man doch einfallsreich wird, wenn es nicht so läuft, wie man sich das vorgestellt hat.

Dienstag 22.02.2022

Die täglichen Anrufe der Reiseleiterin vor Ort entwickelten sich zum Nervenkrieg. Wir hatten das Gefühl, überwacht zu werden… Heute kam die Information, dass morgen für uns Frauen Antigentests vorgesehen sind und die Männer PCR getestet werden sollen. Wer eins und eins zusammenzählen kann, der kann sich ausrechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, dass wir unsere Männer angesteckt haben. Trotz FFP2-Maske – die wir zum Schlafen natürlich nicht auf hatten. Das würde heißen, dass für denjenigen, den es trifft, die Quarantänezeit wieder neu beginnt = wieder sieben Tage. Das einzige was sicher war, war die Tatsache, dass Deutschland keinen Test zur Einreise verlangte. Frau H. vom Reiseveranstalter versuchte von Deutschland aus Informationen zu bekommen, ob ein PCR-Test  zur Ausreise nötig ist. Nach ihrer Schilderung war auch das nicht leicht, weil jede offizielle Stelle andere Informationen hatte. Am Spätnachmitttag kam dann der erlösende Anruf: die Frauen bekommen PCR Tests und die Männer brauchen keinen. Puh, da sind viele Steine von 6 Herzen gefallen. Eine Stunde später erreichte uns wieder ein Anruf der Reiseleiterin, die unsere Informationen nicht für wahr hielt. Erst ein sehr scharfer Ton meinerseits bewog sie, beim Reiseveranstalter oder ihrer Agentur oder wo auch immer nochmal nachzufragen. Eine knappe WhatsApp: Die Frauen bekommen PCR-Tests und die Männer brauchen sich nicht testen lassen war dann die Reaktion. Unsere Erfahrung mit ihr sagte uns, dass sie mit diese Entwicklung nur schwer umgehen kann…

Mittwoch 23.02.2022

So langsam hatten wir einen geregelten Tagesablauf: Frühstück auf dem Hotelflur. Die telefonische Bestellung klappte auch immer besser. Ich spreche nur ein wenig englisch und am Telefon ist das schwieriger als von Angesicht zu Angesicht mit Händen, Füßen und Mimik.

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Türkisches Frühstück

Gegen Mittag kamen zwei Personen und haben uns getestet (mouth and nose … kannte ich so auch nicht).

Sepp und Helmut gingen wieder auf Istanbul-Tour besser gesagt auf Einkaufstour, wir Frauen drehten unsere Runden im Hotelgarten, übrigens ein großer gepflasterter Platz… Hotelgarten klingt schön….. Eine ehemalige Kollegin reagierte auf ein Foto mit der Bemerkung: „das ist ja wie Knast“ – ich war da noch nie, aber so stelle ich es mir auch vor. Ein kleines Video im WhatsApp-Status lies Verwandte und Freunde teilhaben.

Hinterhof vom Hotel 1
Hinterhof des Hotels

Das Warten auf das Testergebnis war erträglich, hatten wir doch noch Zeit bis Freitag… wenn heute noch nicht negativ, dann eben morgen. Nachmittags kam dann das Ergebnis: Margit und ich waren negativ, Marianne noch positiv. Ich war erleichtert, konnte mich aber gar nicht richtig freuen. Marianne hat den Schreck mit den positiven Gedanken: „dann eben morgen“, weg gesteckt. Ein Anruf der Reiseleitung machte dies wieder zunichte, denn sie behauptete, dass man 48 Stunden warten müsse, um einen neuen PCR-Test zu bekommen. Frau H. vom Reiseveranstalter wurde sofort wieder per Mail kontaktiert und sagte zu, dass jeden Tag ein PCR-Test gemacht wird. Wieder kam nur eine kurze WhatsApp von der Reiseleitung „morgen früh neuer PCR-Test für Marianne“.

Wir staunten über uns und unsere Emotionen: wie eng Menschen, die sich vorher gar nicht kannten und sehr verschieden sind in so einer Situation zusammen wachsen können. Jeder war geknickt und hat mit Marianne gelitten. Ihre Erkältung bekämpften wir mit allem, was uns einfiel. Sepp und Helmut waren mehrfach in Apotheken und kauften Paracetamol, Vitamin C (das wird in der Türkei empfohlen), Globulis, Vitamin D. Ja, das hilft nur gegen die Symptome, nicht gegen das Virus – ich weiß, trotzdem klammerten wir uns an alles…

Unseren Frust konnten wir mit lustigen Ideen im Griff halten: kegeln mit leeren Wasserflaschen. Volkmar formte aus den vielen Alufolien, in die unser Essen eingewickelt und abgedeckt wurde, einen Ball – und fertig war die Kegel-Kugel.

Das abendlich bestellte Hotelessen war zwar immer noch lecker, aber wir hatten so langsam Appetit auf Gemüse oder einfach auf etwas anderes.

Donnerstag 24.02.2022

Der sechste Quarantänetag brauchte mehr Aufwand, positiv zu denken, als bisher. Das Warten auf Mariannes PCR-Test und das Ergebnis – das sehr spät abgenommen und übermittelt wurde machte uns mürbe. Wir freuten uns, dass wir miteinander diese Tage durchleben und nicht alleine in dieser Situation steckten. Irgendwann fiel uns ein, dass in Deutschland Weiberfastnacht ist und flugs war eine neue Idee geboren: Polonaise: verkleidet mit Kopftuch und Sonnenbrille – wieder ein Lacher bei den WhatsApp-Status-Followers. Nun ja, wie es uns wirklich ging, erzählen wir dann später…

Im TV erreichten uns die schrecklichen Bilder aus der Ukraine. Das lag uns sehr schwer auf der Seele bzw. tut es noch. Ein Blick auf Google Maps zeigte noch einen Grund, zügig nach Hause zu kommen: wir sind ziemlich nah dran. Nein, Kriegsangst brauchten wir nicht zu haben, aber wenn die Welt so ins Straucheln gerät, will man zu Hause sein.

Es half in diesen Tagen sehr, mit vielen lieben Menschen über WhatsApp Kontakt zu haben. Da ist natürlich zuerst die Familie, aber auch viele Freunde, Bekannte, Kollegen, Nachbarn, nahmen auf wirklich schöne Art Anteil und sandten immer wieder einen Lichtstrahl.

Sepp und Helmut waren wieder mal zu Fuß unterwegs und als sie ins Hotel zurück kamen, bekam Sepp das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht: er lies sich bei einem Barbier verwöhnen. Helmut machte Fotos und Filme, damit wir Frauen und Volkmar auch ein wenig daran teilhaben konnten: Haare schneiden, rasieren mit Schaum und Klinge, Nasenhaare mit Heißwachs entfernen, Ohrenhaare mit Heißwachs und offenem Feuer abflammen, zum Abschluss noch eine Gesichtsmassage. Das sei ein unvergessliches Erlebnis gewesen, war sein Kommentar. Volkmar liebäugelte auch damit und als Sepp und Helmut ihm zusagten, ihn zu begleiten, nahm er seinen Mut zusammen und lies sich auf das Abenteuer ein. Da ihm der Barbier eine ganz andere Frisur verpasste als er es sich vorstellte, bekam er am Anfang einen Schreck, wenn er in den Spiegel blickte. Unsere Begeisterung für den neuen Volkmar sprang dann aber auch auf ihn über.

Mariannes Test war wieder positiv und wir alle am Boden zerstört. Wir wollten am Samstag ALLE nach Hause fliegen und nicht Marianne und Sepp zurück lassen müssen. Die beiden trösteten sich ein wenig damit, dass sie dann trotz positivem Test ab dem siebten Tag das Hotel verlassen und mit ihrem Mann in Istanbul unterwegs sein dürfte (verstehe einer diese Regeln). Aber eigentlich wollten weder sie noch wir diesem Gedanken Raum geben.

Sich gegenseitig Mut zu machen, das war unser Bestreben. Jeder hatte mal einen Durchhänger und die Gruppe hat es aufgefangen. Tag für Tag wurde dies aber anstrengender.

Abends hatten wir ein besonders schönes Erlebnis: Auf dem Hotelflur – außerhalb der Seuchenstation (Quarantänezimmer) waren noch mehr Zimmer mit Gästen. Wir hatten schon ab und zu mit ein paar jungen Männern gesprochen. Einer davon war ein Doktor und sprach Englisch, mit den anderen haben wir mit Händen und Füßen geredet und fanden sie nett und lustig. Einer aus dieser Gruppe, ein 29-jähriger Iraker stellte uns ein Päckchen vor unseren Hotelflurabschnitt mit der Bemerkung: „a gift for you“. Da war eine leckere Vorspeise für 6 Personen drin, die wir sofort begeistert teilten (Fladenbrot, gegrilltes Fleisch, verschiedene Dips, Soßen und Salate). Beschämt haben wir uns gefragt, ob wir das umgekehrt auch gemacht hätten. Vermutlich nicht. Wir hätten uns viel zu viele Gedanken gemacht: was sollen wir machen, mögen die das, usw … wieder etwas gelernt!!

Leckeres Geschenk edited scaled
leckeres Geschenk: Vorspeise für Zwei

Den Doktor fragten wir nach einem Zaubertrank gegen Corona Viren. Wenn es einen gegeben hätte, hätte er ihn uns gerne besorgt. Wir konnten sehen, wie leid ihm unsere Situation tat.

Der tägliche Anruf von Frau H. hätte normalerweise große Freude auslösen können: Für Margit und Volkmar sowie Helmut und mich waren die Flüge am Samstag gebucht, für Marianne und Sepp nur angemeldet. Erst mit negativem Ergebnis können sie fest gebucht werden.

Das ist alles super und korrekt und lag trotzdem wie ein Stein auf allen Herzen. Frau H. sagte zu, dass die Buchung auch kurzfristig am Freitag umgesetzt werden kann.

Freitag 25.02.2022

Ich habe es beibehalten, mit Marianne im Hotelflur zu frühstücken. Mir hätte es am Frühstücks Büfett nicht geschmeckt, wenn ich sie alleine im Zimmer gewusst hätte. So war uns beiden geholfen. Relativ früh wurde der PCR-Test durchgeführt. Wir konnten an diesem Tag unsere Stimmung nicht hoch halten. Sitzen, warten, Hofgang, warten, Hunger war auch keiner da. Jeder lag in seinem Zimmer rum und versuchte sich irgendwie zu beschäftigen. Kofferpacken war definitiv noch keine Beschäftigung. Auf einmal ein Schrei, wir rannten alle zur Türe und da hat uns Sepp schon tränenüberströmt in die Arme genommen: sie ist negativ. Wir weinten alle miteinander vor Freude.

Noch eine gute Nachricht wurde uns von Frau H. übermittelt: Der Reiseveranstalter übernimmt die Kosten für Hotel mit Frühstück. Super!!, aber im Moment nicht wichtig.

Ein Plan war schnell gemacht: Koffer packen, einen Spaziergang ans Wasser machen (das war gar nicht weit weg), das von Sepp und Helmut erkundete Viertel rund ums Hotel anschauen und Abendessen im Hotel – richtig im Restaurant an einem richtigen Tisch.

Vorher kam noch der unangenehme Teil: eine persönliche Begegnung mit der Reiseleitung, denn sie sollte uns die Testergebnisse übergeben. Das war mehr als komisch und wir waren alle froh, als dieses Aufeinandertreffen vorbei war. Später kam eine WhatsApp: wir werden um 5.45 Uhr mit dem Taxi am Hotel abgeholt. Wir wunderten uns ein wenig, denn wir hatten mit früher gerechnet – aber wir kannten ja die Straßenverhältnisse um diese Uhrzeit nicht. Wir verabredeten, um 5 Uhr aufzustehen und darauf zu achten, dass niemand verschläft.

Samstag 26.02.2022

Helmut stellte seinen Wecker um 4.45 Uhr. Um 4.55 Uhr klingelte das Zimmertelefon und die Rezeption teilte mit: „Your Taxi is waiting“. Ich hätte den Sinn auf Deutsch nicht verstanden – auf Englisch war es noch schwieriger. Irgendwie kam meine pragmatische Ader durch und ich sagte, dass wir uns beeilen (keine Ahnung, woher ich den Wortschatz hatte, dass der Rezeptionist mich verstand). Ein Anruf in den Nebenzimmern: „Zack Zack, aufstehen, anziehen, Koffer schließen (Gottseidank hatten wir das meiste schon gepackt): das Taxi steht schon oben“. Um 5.20 Uhr standen wir in der Hotelhalle, strubbelig, zitterig und irgendwie sauer. Wir mussten noch ein paar Minuten warten, denn das Lunchpaket war natürlich auch noch nicht fertig. Der Taxifahrer signalisierte uns, dass wir noch in der Zeit sind und das beruhigte uns ein wenig. Im Taxi haben wir uns gefragt, ob das nun Schikane, Dummheit oder ein Versehen der Reiseleitung war, denn sie hatte sich darum zu kümmern. Eine Antwort werden wir nie erfahren. Also, auf ein Neues: aufstehen, Krönchen richten und sich auf zu Hause freuen.

Der Airport Istanbul ist sehr groß. Trotzdem fanden wir uns recht schnell zurecht und beschlossen, dass wir erst unsere Koffer aufgeben, einchecken und dann gemeinsam unsere Lunchpaket verspeisen. Eine kleine Schwierigkeit stellte sich uns in den Weg, denn außer Helmut und ich hatte keiner seinen Einreiseantrag nach Deutschland digital gemacht, sondern in Papierform dabei. Das wurde an den Schaltern nicht akzeptiert. So standen wir in der Reihe der Menschen, die das auch noch machen mussten.

Margit und Volkmar signalisierten uns, dass sie Hilfe benötigen. Als ich hinkam, waren beide ziemlich am Ende: ihre Flüge sind storniert, wurde ihnen vom Schalterbeamten der Turkish Airlines gesagt. Neee, wir wollen ALLE heim, das darf doch nicht wahr sein. Meine Rückfragen ergaben das Gleiche: da wir nicht nach Dubai geflogen sind, wurden die Flüge storniert Komisch, die von uns anderen nicht. Es gab die Gelegenheit neu zu buchen. Es war keine Zeit mehr zu überlegen und zu diskutieren. So begleitete ich die Beiden an den entsprechenden Schalter und sie buchten für 585 € wenn ich es noch richtig weiß, 2 Plätze in der Maschine. Dann mussten sie sich zum Einchecken an eine andere Schlange anstellen. Weil sie so sehr aufgeregt waren, bin ich dann wieder dazu gestoßen, als sie an dem Schalter ankamen. Die freundliche Schalterbeamtin fragte sie gerade, warum sie denn 4 Plätze gebucht hätten. Die vom Reiseveranstalter gebuchten Plätze waren ganz ordnungsgemäß auf ihrem Bildschirm, plus die beiden soeben gebuchten Plätze. Ich versuchte, es ihr zu erklären. Da die Zeit mittlerweile drängte, schrieb sie noch die Nummern der nicht genutzten Plätze auf und wir konnten gemeinsam weiter hetzen: kurz einen Schluck trinken und die Zugänge zu den Gates suchen. Noch ein kurzer Stopp auf Toi, ein kurzer Drücker zum Abschied und jeder rannte zu seinem Gate. Wir haben es alle gerade rechtzeitig geschafft und landeten endlich glücklich in Deutschland.

Von der ursprünglichen Gruppe konnten wir gottseidank noch mit Erika die Handynummer tauschen und somit im WhatsApp-Status die eigentlich geplante Reise mitverfolgen…. Wäre auch schön gewesen, aber solche Emotionen und Freunde hätten wir nicht gewonnen. Im Rückschauen kann ich ehrlich sagen: diese Erfahrungen möchte ich nicht mehr missen!

Mit ein wenig Abstand schauen wir sehr dankbar auf unseren Reiseveranstalter, die Begleitung und Unterstützung vor Ort sowie die großzügige Geste der Übernahme der Istanbuler Kosten. Auch die Zusage an Margit und Volkmar, bei der Rückerstattung von Turkish Airline zu helfen ist ein großes Lob und Dankeschön wert!!